Wie lassen sich die Bahnunternehmen besser koordinieren?
Sehr geehrter Herr Oetjen,
Bei Flugreisen ist alles so einfach: Man bucht zentral im Internet und selbst wenn man eine Zwischenlandung einlegen muss, kümmern sich die Anbieter darum, dass alles klappt, selbst wenn ein Flug ausfällt.
Nun zur Bahn: Oft muss man sich die Tickets der verschiedenen Anbieter dezentral zusammenbuchen. Bei mehreren Grenzen sehr aufwändig. Bei der DB buche ich ein ICE-Ticket nach Köln. Von dort dann ein Thalys-Ticket nach Paris. Gestern war der ICE verspätet, wodurch ich den Thalys verpasst habe. Die DB verweist auf Thalys, ich solle mich 4 h (!) später beim nächsten Thalys melden und hoffen, dass man mich aus Kulanz mitnimmt. DB: "Nicht zuständig!" Da ich nicht warten konnte, kaufe ich ein NEUES ICE-Ticket nach Brüssel und von dort dann den Thalys. Ich bleibe auf den Kosten sitzen. Vollkommen kundenunfreundlich, weil es keine anbieterübergreifenden Umbuchungen gibt.
Wann werden Bahnreisen EU-weit koordiniert wie im Flugverkehr?
Beste Grüsse
A. R.
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Frage bezüglich der besseren Koordination von Bahnreisen innerhalb Europas. Ihre Haltung den Bahnverkehr über die Landesgrenzen hinweg besser abzustimmen, teile ich als Europäer ausdrücklich. Durch den fehlenden Datenaustausch ist es in der Tat so, dass häufig Bahnreisen über Landesgrenzen hinweg nicht zusammen gebucht werden können, sodass bei der Verspätung einer Verbindung kein Anspruch auf Entschädigung besteht. In Ihrem Fall sollte es jedoch möglich sein, kostenfrei mit einem Thalys weiterzufahren, wenn Sie durch die Verspätung des ICEs Ihren Anschluss verpassen. Denn die Deutsche Bahn ebenso wie Thalys sind Mitglieder des Railteams, welche untereinander vereinbart haben, dass im Falle einer verpassten Zugverbindung die Fahrgäste, gegeben verfügbarer Kapazitäten, ohne zusätzliche Kosten in den nächsten verfügbaren Hochgeschwindigkeitszug umsteigen können, selbst wenn Sie mit separaten Fahrkarten reisen. Diese wenig beworbene Vereinbarung nennt sich HOTNAT (hop on the next available train). Um davon Gebrauch zu machen, muss der Fahrgast allerdings aktiv auf den Schaffner oder zur Servicestation zugehen und um explizite Erlaubnis bitten. Durch den Beschluss des Rates von Anfang 2021 wurden die Rechte der Bahnreisenden weiter gestärkt, da die Eisenbahnunternehmen dazu aufgefordert wurden, ihr Angebot von Durchgangsfahrkarten zu erweitern. Diese Einzelfahrscheine sollen den Schutz bei verpassten Anschlüssen stärken, da bei diesen ein klarer Anspruch auf Entschädigung bei Verspätung oder einer verpassten Anschlussverbindung besteht.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer verbesserten Koordination von Bahn-Tickets ist zudem die Initiative für sogenannte multimodale digitale Mobilitätsdienste. Diese soll insbesondere den Schienenverkehr in der EU besser integrieren sowie den Ticketkauf verschiedener Verkehrsträger erleichtern. Die Annahme durch die Kommission dieser Initiative steht kurz bevor und wird im Juni 2023 erwartet. Ich hoffe, dass wir mit diesem Anstoß für eine neue Verordnung zukünftig das Reisen mit der Bahn sowie anderen Verkehrsmitteln innerhalb Europas für alle Bürgerinnen und Bürger spürbar verbessern können.
Außerdem sehen es die EU-Vorschriften für Fahrgastrechte von Bahnreisenden vor, dass falls Sie sich bei einer Verspätung eines Zuges entscheiden, Ihre Reise fortzusetzen oder eine Ersatzbeförderung zu Ihrem Zielbahnhof anzunehmen, Sie Anspruch auf eine Entschädigung geltend machen können. Trotz allen bisherigen Bemühungen stimme ich Ihnen zu, dass der Personenverkehr innerhalb der EU besser koordiniert werden sollte, sodass das Reisen zwischen den verschiedenen Mitgliedsstaaten reibungslos funktionieren kann.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben und sich mit Ihrem Anliegen an mich gewendet haben. Zögern Sie bitte nicht, mich bei weiteren Fragen zu kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Jan-Christoph Oetjen
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