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Ilse Aigner
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Frage von Petra K. •

Frage an Ilse Aigner von Petra K. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrte Frau Aigner,

wie kann man verhindern, dass mehr und mehr kostbares Ackerland zum Anbau von Getreide/Mais für die Biogaserzeugung verloren geht? Durch die zu erwartende klimawandelbedingte Zunahme von Ernteausfällen können wir uns solchen Wahnsinn meiner Meinung nach nicht leisten. Somit gilt es dringend zu überdenken, wie über den Subventionsfluss eine Nutzung der Biogasanlagen im ursprünglich gedachten Rahmen (nämlich nur für Pflanzenabfälle und Gülle) wieder herbeizuführen ist.

Mit freundlichen Grüßen,
P. Kadel

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Kadel,

herzlichen Dank für Ihre Fragen betreffend Biogas und Energiemaisanbau.

Im Jahr 2010 wurden in Deutschland ca. 1,9 Millionen Hektar mit nachwachsenden Rohstoffen für energetische Zwecke bewirtschaftet. Das macht nicht mehr als 11 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche von 16,9 Mio. Hektar aus. Den größten Zuwachs gegenüber dem Vorjahr verzeichnete die Produktion von Energiepflanzen für Biogasanlagen, die von 530.000 auf ca. 650.000 Hektar zulegte. Den Großteil hiervon macht Mais aus, welcher sich als ertragreiche Pflanze besonders gut zur Vergärung in Biogasanlagen eignet. Energiemais erstreckt sich in Deutschland aber lediglich auf einem Viertel der Maisanbaufläche von 2,3 Mio. ha. Auf den überwiegenden Flächen wird Mais für Lebens- und Futtermittelzwecke angebaut.

Um der regional zu beobachtenden Überförderung zu begegnen, sind in dem kürzlich von der Bundesregierung beschlossenem Entwurf zur Neuregelung des EEG auch auf Betreiben des Bundesministeriums für Ernährung; Landwirtschaft und Verbraucherschutz einige wichtige Änderungen aufgenommen worden.

Das Vergütungsniveau für die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien wird insgesamt um 10-15% gesenkt. BMELV konnte sich mit der Forderung durchsetzen, dass es bei der Rohstoffvergütung eine zusätzliche Degression für Biomasseanlagen größer 500 Kilowatt gibt.

Dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist es ferner wichtig gewesen, eine weitere Vermaisung unseres Landschaftsbildes zu stoppen und damit die unerwünschten Folgen zu reduzieren. Deshalb unterstützte B eine Maisgrenze im Gärsubstrat, die bei neu gebauten Biogasanlagen einzuhalten ist. Nur noch 50 % des Gärsubstrates sollen aus Mais oder Getreidekorn bestehen. Dies ist einerseits ein wirksames Mittel, um die Vermaisung der Landschaft und damit Monokulturen einzudämmen, andererseits soll dadurch ein sinnvoller und moderater Ausbau der Bioenergie gewährleistet werden.

Zusätzlich wurde die Bonistruktur verändert, um zum einen eine bessere Nutzung von Reststoffen und z.B. auch Landschaftspflegematerial zu erreichen und zum andern den Druck auf die Flächen zu entschärfen. Die Koppelung von Nachwachsende Rohstoff-Bonus und Güllebonus, die zu Fehlentwicklungen geführt hat, wurde abgeschafft.

Durch die Einführung einer zusätzlichen Vergütungsstufe bei 75 Kilowatt als Sondertatbestand und bei mindestens 80 % Gülleeinsatz wird zudem der Grundlage für den Bau kleiner dezentraler Biogasanlagen geschaffen, die insbesondere anfallende Gülle als Reststoff einer energetischen und somit klimafreundlichen Nutzung zuführt.

Bei der Betrachtung der Entwicklung der Bioenergie in Deutschland in Verbindung mit globalen Nahrungsmittelengpässen sollte man auch berücksichtigen, dass vor einer Dekade in der Landwirtschaft mehr Nahrungsgüter wie Getreide, Fleisch oder Milch produziert wurden, als am Markt abgesetzt werden konnten. Die Europäische Union hatte in Folge dessen festgelegt, dass bestimmte Flächenanteile aus der Nutzung genommen werden mussten.

Durch die Entwicklung von neuen Absatzmärkten im Bioenergiesektor konnten in der Landwirtschaft neue Einkommensquellen erschlossen und diese sogenannten Stilllegungsflächen wieder in Bewirtschaftung genommen werden. Damit sind nachwachsende Rohstoffe auch ein bedeutendes Standbein der deutschen Landwirtschaft geworden.

Die Lebensmittelpreise werden sich aller Voraussicht nach auf einem höheren Niveau bewegen. Die Gründe dafür sind Wettereinflüsse, die steigende Nachfrage nach Lebens- und Futtermitteln durch die wachsende Weltbevölkerung und der weltweit ansteigende Wohlstand, der zur steigenden Nachfrage veredelter und qualitativ hochwertiger Lebensmittel führt. Darüber hinaus können Aktivitäten von Finanzinvestoren auf den Agrarmärkten zusätzlich fundamentale Faktoren kurzfristig verstärken.

Um eine Verschärfung der Flächen- und Nutzungskonkurrenzen bei einer global steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln und Bioenergie abzufedern, sind Ertragssteigerungen im Rahmen standortangepasster und nachhaltiger landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsformen nötig. Zur Bekämpfung des Hungers unterstützt die Bundesregierung insbesondere die Land- und Ernährungswirtschaft in den unterentwickelten Ländern dieser Erde mit Projekten, die die eigene Produktion, Lagerung und Verteilung der Nahrungsgüter nachhaltig voran bringen.

Für das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Nahrungsmittelproduktion Vorrang gegenüber der Bioenergiebereitstellung. Allerdings wird aufgrund der steigenden Weltbevölkerung weltweit nicht nur die Nachfrage nach Lebens- und Futtermitteln zunehmen. Auch der Bedarf an Energieträgern wird steigen. Aufgrund der dramatischen Ereignisse in Japan und der beschleunigten Energiewende in Deutschland ist es möglich, dass die Nutzung von Bioenergie zukünftig eine noch größere Bedeutung erlangen wird.

Mit besten Grüßen,

Ilse Aigner, MdB

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