Portrait von Hubertus Heil
Hubertus Heil
SPD
0 %
/ 7 Fragen beantwortet
Frage von Anne K. •

Sehr geehrter Herr Heil, Sie fordern eine Mindestlohnerhöhung auf 15,- Euro/h. Auf welcher Grundlage meinen Sie diese "Forderungen" stellen zu können? Wer finanziert die nachgelagerten Kosten?

- Die Mindestlohnkommission soll unabhängig arbeiten - sehen Sie hier keine Einflussnahme durch die Regierungspolitik? Wenn nein, können Sie dies begründen?

- Sie wirken auf den Ermessensspielraum der Arbeitgeber ein - wie begründen Sie Ihre Forderung im Hinblick auf die individuelle Planbarkeit von Löhnen/Gehältern bei Arbeitgebern?

- sind Sie sich der Tatsache bewusst, dass Arbeitgeber nicht mehr frei entscheiden, wann sie Löhne/Gehälter anheben, da Ihnen mittlerweile politisch "reingeredet" wird?

- wenn Löhne/Gehälter steigen, steigen nachgelagert die Durchschnittseinkommen. Ergo steigt das Existenzminimum, also das Bürgergeld. Wie soll diese Steigerung finanziert werden? Und wer finanziert die Erhöhung?

- steigt das Bürgergeld (Grundsicherung) sieht seit 2020 das Bundesverfassungsgericht einen Mindestabstand zur Beamten-Besoldung vor. Ist zur Anhebung der Beamten-Besoldung eine Steuererhöhung geplant? Wenn nein, wie soll die Anhebung dann finanziert werden?

Portrait von Hubertus Heil
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau K.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. 

Mit dem gesetzlichen Mindestlohn hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2015 eine absolute Lohnuntergrenze eingeführt, die ein Mindestmaß an Arbeitnehmerschutz und Austauschgerechtigkeit sichern soll. Oberhalb dieser Lohnuntergrenze obliegt die Lohngestaltung weiterhin den Arbeitsvertragsparteien auf individueller Ebene bzw. auf kollektiver Ebene den Tarifvertragsparteien. 

Über die Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns entscheidet alle zwei Jahre eine unabhängige Kommission der Sozialpartner - die Mindestlohnkommission. Die von der Mindestlohnkommission vorgeschlagene Anpassung kann sodann durch die Bundesregierung in Form einer Rechtsverordnung verbindlich gemacht werden. Die Entwicklung der Mindestlohnhöhe ist durch diesen im Mindestlohngesetz festgelegten Anpassungsmechanismus für die Arbeitsvertrags- bzw. Tarifvertragsparteien transparent und planbar. 

Die Forderung nach einer Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf ein Niveau zwischen 14 und 15 Euro steht in Zusammenhang mit den Vorgaben der EU-Mindestlohn-Richtlinie. Diese gibt Mitgliedstaaten vor, bei der Bewertung der Angemessenheit der gesetzlichen Mindestlöhne Referenzwerte zugrunde zu legen. Ein Niveau zwischen 14 und 15 Euro entspricht dabei dem Referenzwert von 60 Prozent des Bruttomedianlohns bezogen auf das Jahr 2026. 

In Deutschland hat die Mindestlohnkommission bereits seit ihrer Einführung den gesetzlichen Auftrag, sicherzustellen, dass durch das von ihr empfohlene Mindestlohnniveau ein angemessener Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleistet ist (§ 9 Absatz 2 Mindestlohngesetz). Im Rahmen der Gesetzesbegründung der Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro hat der Gesetzgeber insoweit klargestellt, dass ein angemessener Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann gewährleistet ist, wenn der Mindestlohn dem Schwellenwert von 60 Prozent des Bruttomedianlohns gerecht wird (BT Drs. 20/1408 Seite 18). Dieser Wert ist daher auch bei künftigen Entscheidungen der Mindestlohnkommission zu berücksichtigen. 

Das vorstehend erläuterte Verständnis des geltenden Mindestlohnrechts betrifft den gesetzlichen Rahmen, anhand dem die Mindestlohnkommission ihre Anpassungsbeschlüsse zu treffen hat. Hierüber habe ich Anfang September 2024 deshalb auch die Mindestlohnkommission informiert, die ihren nächsten Beschluss bis zum 30. Juni 2025 zu fassen hat. Dieser betrifft die Mindestlohnanpassung ab dem 1. Januar 2026. 

Es ist zutreffend, dass die Fortschreibung der Regelbedarfe in den sozialen Mindestsystemen und damit auch im Bürgergeld neben der Preisentwicklung mit geringerer Gewichtung auch die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter berücksichtigt. Neben dem Kaufkrafterhalt gewährleistet dies die Teilhabe an der allgemeinen Wohlstandsentwicklung. Denn verfassungsrechtlich sind die Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten. Die Leistungen der sozialen Mindestsicherung sind steuerfinanziert. Die Ausgaben werden je nach Leistungssystem vollständig oder anteilig vom Bund, den Ländern oder den Kommunen getragen.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB 

 

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Hubertus Heil
Hubertus Heil
SPD