Henriette Quade am Redepult des Landtages
Henriette Quade
DIE LINKE
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Frage von Gotthilf K. •

Welche Passagen in der von Ihnen und anderen Linken kritisierten Bundestagsrede von Sahra Wagenknecht verstoßen gegen welche Parteitagsbeschlüsse und sind weshalb "nationalistisch" und nicht links?

Sehr geehrte Frau Quade,

nachdem ich Ihren offenen Brief an die Bundestagsfraktion DIE LINKE (URL: https://www.es-reicht.org/ ) gelesen hatte, habe ich mir die am 08.09.2022 im Bundestag gehaltene Rede von Sahra Wagenknecht (URL: https://www.sahra-wagenknecht.de/de/article/3198.treten-sie-zur%C3%BCck-herr-habeck-ihre-laufzeitverl%C3%A4ngerung-f%C3%BChrt-zum-supergau-der-deutschen.html ) noch einmal genau angehört. Auch danach habe ich nicht verstanden, warum es Ihnen mit Sahra Wagenknecht und dem Fraktionsvorstand reicht oder wieso sie "nationalistisch" und empathielos sein soll.

Deshalb die obigen und die ergänzenden Fragen an Sie:
Warum sind diese Parteitagsbeschlüsse Ausdruck einer LINKEn politischen Einstellung und
warum soll dieses politische Statement wahlentscheidend, also maßgeblich für die Entscheidung jeder einzelnen wahlberechtigten Person links zu wählen, sein?

Vielleicht könnten Ihre Antworten zum besseren Verständnis beitragen.

Mit freundlichen Grüßen

G. K.

Henriette Quade am Redepult des Landtages
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr K.,

eine linke Perspektive auf die Welt muss sich, davon sind wir überzeugt, immer auch am Maßstab internationaler Solidarität orientieren. Gerade das hat Sahra Wagenknechts Rede nicht getan. Im Gegenteil hatte sie kein Wort für die Urkainerinnen und Ukrainer übrig, die unter dem russischen Angriff leiden, ihr Land verlassen mussten, ihr bisheriges Leben verloren haben und vor Ort von Bomben, Leid und Tod bedroht sind. Mit der Behauptung, Deutschland habe einen Wirtschaftskrieg von Zaun gebrochen, verdreht sie Ursache und Wirkung. Die Ursache ist der russische Angriff, die Sanktionen – über deren Geeignetheit und Wirkung sich natürlich sehr zu Recht streiten lässt- die Antwort. Gerade wenn man als LINKE Sanktionen als nicht zielgenau kritisiert und wenn man, und auch das ist unsere dringende und wichtige Aufgabe, darüber spricht, in welcher Lage viele Menschen hierzulande angesichts von Inflation, Energiepreisexplosion und Teuerung sind, muss unserer Meinung nach immer sehr klar auf die Ursache der Sanktionen verwiesen werden.

Das hat unsere Partei auf dem Parteitag in Erfurt mehrheitlich in verschiedenen Beschlüssen festgehalten.

Statt also die deutsche Regierung da zu kritisieren, wo es wirklich einen riesigen Handlungsbedarf für eine LINKE gibt, hat Sahra Wagenknecht ihre persönliche Position über die der Partei gestellt. Das geht bei einer Rede im Namen der LINKEN nicht und genau das kritisieren wir.

Wir hätten uns gewünscht, dass die Redezeit der LINKEN dafür genutzt wird, über die Notwendigkeit von Umverteilung von oben nach unten, über z.B. einen konkreten linken Vorschlag für einen Energiepreisdeckel, Vermögenssteuer, die notwendige Erhöhung der Sozialleistungen, Härtefallfonds und Energieunabhängigkeit von fossilen Ressourcen zu sprechen.

Das hat Sahra Wagenknecht aber nur wenig getan, sich stattdessen nahezu wortgleich mit den Rechtsextremen am grünen Wirtschaftsminister abgearbeitet.

Wir sind sehr für harte Kritik an der Bundesregierung. Aber wir sind dagegen so zu tun, als ob, wenn die Sanktionen morgen fallen würde, sich irgendwas an Teuerung und sozialer Ungerechtigkeit in Deutschland ändern würde.

Und wir sind dagegen, als LINKE mit dieser Rede den Menschen in der Ukraine und denen, die mittlerweile hier leben zu signalisieren, dass sie uns egal sind. Dieses Signal ist für uns unerträglich und hat unseren öffentlichen Widerspruch in unseren Augen nötig gemacht.

Mit freundlichen Grüßen

Henriette Quade

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