Was halten Sie von der Festlegung der tatsächlichen Wohnfläche für alle Beteiligten durch den Bauherrn am Ende der Bauphase?
Sehr geehrter Herr Bollmann,
seit Jahren ist bekannt, dass die Angaben über die Wohnfläche in vielen Bauträgerverträgen nicht stimmen, was zu einem falschen Kaufpreis und zu einer falschen Kostenumlage beim Käufer und Mieter führt. Seit 2019 gibt es den Vorschlag, die tatsächliche Wohnfläche vom Verkäufer / Bauherrn für Grundbuchamt, Käufer, Mieter, Hausverwaltung und dessen Dienstleister für die Betriebskostenabrechnung ermitteln zu lassen. Falsche Wohnflächen, müssen auf Antrag ohne Einstimmigkeit der Eigentümer korrigiert werden können. Warum ist das keine Lösung für Sie und ihre Partei? Eine WEG / GdWE ist keine Wohnanlage im kommunalen Wohnungsbau! Hier treffen sich Menschen nach Fertigstellung des Gebäudes, die in der Regel erstmals lernen, demokratisch eine Wohnanlage zu verwalten und zu erhalten. Wegen deren Unerfahrenheit muss es Aufgabe der Politik sein, erkennbare Mängel insbesondere der Wohnfläche vorab abzuwenden. Käufer, Mieter und korrekte Baufirmen danken es Ihnen.

Sehr geehrter Herr G.
vielen Dank für Ihre Frage.
Sie sprechen mit ihrer Frage einen wichtigen und richtigen Punkt, der der genauen Analyse bedarf. Eine genaue Feststellung der Wohnfläche am Ende der Bauzeit schafft grundsätzlich Transparenz und Klarheit. Sie dient als objektive Grundlage für Miet-, Kauf- oder weiterer Finanzierungsverträge. Der Teufel steckt jedoch im Detail: Es ist problematisch, wenn der Bauherr die Flächen allein festlegt, da Interessenkonflikte entstehen können. Am Ende der Bauphase wäre eine objektive, unabhängige Flächenberechnung durch einen Architekten, Sachverständigen oder Vermesser von Vorteil. Hier gilt es, den Nutzen einer neutralen Flächenermittlung genau abzuwägen und die dabei entstehenden Kosten, sowie deren Aufteilung zu berücksichtigen. Hier muss ggfs. vom Gesetzgeber eine klare Regelung gefunden werden über die Anwendung verschiedener Messmethoden um mögliche Rechtsstreitigkeiten (DIN 277, WoFlV) von vornherein aus dem Weg zu räumen. Ebenso ist die Haftungsfrage zu klären – am besten bereits in einer vertraglichen Vorvereinbarung.
Bei allen genannten Punkten mache ich jedoch keinen Hehl daraus, dass es rechtlich problematisch sein kann, wenn der Staat bestimmte Regeln vorgibt, die zu stark in die Vertragsfreiheit eingreifen.In mehreren Urteilen hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass erst ab einer Abweichung von mehr als 10 m² zwischen tatsächlicher und vertraglich vereinbarter Wohnfläche ein wesentlicher Mangel vorliegt.
Aber Sie haben Recht: Die Situation ist für Käufer und Mieter alles andere als befriedigend, wenn sie nach langer Suche endlich eine Wohnung gefunden haben und nach Unterzeichnung des Mietvertrags feststellen, dass die Wohnung deutlich kleiner ist. Auch wenn dies im Einzelfall mit einem gewissen bürokratischen Aufwand verbunden ist, setze ich mich dafür ein, dass auch bei einer geringen Abweichung zum Nachteil eines Mieters eine Neuberechnung der Miete erfolgen muss.
Die SPD fordert seit Langem die Abschaffung bzw. eine deutliche Senkung der 10-Prozent-Toleranz bei Wohnflächenabweichungen.
Auch dieses Thema wird die SPD im Rahmen der anstehenden mietrechtlichen Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner aufgreifen.
Mit freundlichen Grüßen
Hendrik Bollmann