Warum werden nicht zuerst Langzeitarbeitslose mit guter Qualifikation integriert anstatt Rentner durch Aktivrente länger arbeiten zu lassen?
Sehr geehrte Frau Reichinek,
Viele Langzeitarbeitslose Ü50 sind gut ausgebildet, aber durch Alter, Krankheit, oder strukturelle Probleme nicht mehr im System. Davon gibt es über 600 Tausend. Warum wird der Fokus nicht auf diese Klientel gesetzt?
Ihre Wiedereingliederung würde die Sozialkassen entlasten (weniger Transferleistungen),die Rentenversicherung stärken (durch neue Beiträge),die gesellschaftliche Teilhabe verbessern. Warum wird da nicht politisch etwas dafür getan?
Warum werden Vorurteile bei Arbeitgebern gegenüber Langzeitarbeitslosen nicht durch Anreize wie individuelle Förderung und Unterstützung bei strukturellen Problemen, wie regionale Arbeitslosigkeit oder fehlende Mobilität behoben?
Warum holen Sie diese frustrierten Arbeitnehmer nicht von der Straße, damit diese nicht weiterhin AfD wählen?
Sehr geehrte Frau Iris D.,
vielen Dank für Ihre wichtige Frage. Sie sprechen genau das an, was in der aktuellen Debatte über die sogenannte „Aktivrente“ übersehen wird: Hunderttausende gut qualifizierte Menschen über 50 sind unfreiwillig arbeitslos – nicht, weil sie nicht arbeiten wollen, sondern weil sie aufgrund von Alter, Krankheit oder strukturellen Problemen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden.
Diese Menschen verfügen über Erfahrung und Kompetenz, doch Arbeitgeber sortieren sie oft schon beim Bewerbungsalter aus. Gleichzeitig fordert die Bundesregierung, Rentnerinnen und Rentner sollen länger arbeiten – das ist sozialpolitisch widersprüchlich und respektlos gegenüber beiden Gruppen.
Wir als Die Linke fordern stattdessen, endlich die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen konsequent zu fördern: durch gezielte Qualifizierungsprogramme, bessere Unterstützung bei Mobilität und Gesundheit sowie durch Anreize für Arbeitgeber, ältere Arbeitslose einzustellen. Unser Standpunkt dazu ist klar formuliert: „Auf Qualifizierung setzen statt auf Rentner als Lückenfüller.“
Sie finden die Stellungnahme hier:
https://www.dielinkebt.de/presse/pressemitteilungen/detail/auf-qualifizierung-setzen-statt-auf-rentner-als-lueckenfueller
Langzeitarbeitslosigkeit ist kein persönliches Versagen, sondern Folge politischer Fehlentscheidungen. Die meisten Betroffenen möchten arbeiten, finden aber keine faire Chance. Schon 2018 hat Die Linke im Bundestag öffentlich geförderte, existenzsichernde Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose gefordert:
https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2018/kw45-pa-arbeit-soziales-langzeitarbeitslose-575356
Und zur sogenannten Aktivrente habe ich selbst deutlich gesagt, dass sie „komplett an der Realität vorbei geht und zeigt, wie wenig Respekt vor der Lebensleistung dieser Menschen besteht“, nachzulesen hier:
https://www.morgenpost.de/politik/article408776607/rente-linken-politikerin-reichinnek-zerpflueckt-schwarz-rot.html
Kurz gesagt: Statt Menschen im Alter länger schuften zu lassen, müssen wir endlich dafür sorgen, dass jene, die arbeiten wollen, auch arbeiten können – mit fairen Chancen, sozialer Absicherung und Respekt.
Mit solidarischen Grüßen
Heidi Reichinnek, MdB

