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Frage von Volker U. •

Frage an Gustav Herzog von Volker U. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

Spiegel-online von heute konnte ich aus zwei Beiträgen entnehmen, daß sich die soziale Not in Deutschland dramatisch verschlechtert hat. Zum einen gäbe es rund 860.000 Obdach- und Wohnungslose, die in den SPD geführten Stadtstaaten Hamburg und Berlin besonders zu leiden hätten. Zum anderen hätte sich die Anzahl der bedürftigen Rentner, die sich über die Tafeln versorgen müssen in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Wie konnten sich solche negativen Zustände unter überwiegend sozialdemokratischer Mitregierungsverantwortung überhaupt erst entwickeln? Was gedenken Sie und Ihre Partei zu unternehmen, um hier Abhilfe zu schaffen? Vielen Dank für Ihre Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

V. U.

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SPD

Sehr geehrter Herr U.,

vielen Dank für Ihre Fragen zu einem sehr ernsten Thema. Gerade Wohnungs- und Obdachlosigkeit haben viele verschiedene mögliche Ursachen und betreffen sehr unterschiedliche Gruppen von Menschen. So haben beispielsweise sehr viele Flüchtlinge mit bewilligtem Asylantrag zwar ein Aufenthaltsrecht, finden aber keine Wohnung und leben nach wie vor in ihren ursprünglichen Notunterkünften oder sogar auf der Straße. Oder als weiteres Beispiel die Menschen, die aufgrund der europäischen Freizügigkeit aus Südosteuropa nach Deutschland kommen, hier jedoch nicht die erhoffte Arbeit finden, sondern in äußerst prekäre Lebenssituationen geraten.

Diese beiden "Gruppen" habe ich bewusst als Beispiele gewählt, da sie stark an der Zunahme der Anzahl der Wohnungs- und Obdachlosen in den letzten Jahren beteiligt sind. Übrigens sind gerade Großstädte Anziehungspunkte für Zuwanderer aus Kriegsgebieten und bitterer Armut - das ist auch kein neues Phänomen, stellt aber die betroffenen Kommunen (oder Stadtstaaten) vor schwierige Herausforderungen. Berlin beispielsweise kann derzeit unmöglich so schnell wachsen bezüglich der Wohnfläche, wie es der Zuzug insgesamt (also nicht nur von Geflüchteten oder Bürgern armer EU-Staaten) erfordern würde.

Aber unabhängig von der Vielschichtigkeit der Ursachen individueller Wohnungslosigkeit und/oder großer Armut, gibt es viel zu tun: Auch wenn im (sozialen) Wohnungsbau kein Problem von heute auf morgen gelöst werden kann- es muss jetzt angepackt werden, damit wir bildlich gesprochen übermorgen mehr bezahlbare Wohnungen haben. Unsere Ministerin Barbara Hendricks hat in der letzten Wahlperiode bereits die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau deutlich (!) erhöht - allein für das Jahr 2017 wurden die Mittel von einer auf 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. In unserem Wahlprogramm haben wir festgesetzt, dass wir im Rahmen eines Paktes zwischen den Kommunen, den Ländern und dem Bund noch weitere, größere Schritte unternehmen wollen.

Auch der bereits existierende Wohnraum für kleine und mittlere Einkommen muss besser geschützt werden vor haltlosen Mietsteigerungen. Unsere Mietpreisbremse ist der richtige Ansatz, wurde jedoch durch die Einschränkungen, die uns die Union aufgezwungen hat nicht so schlagkräftig, wie es notwendig wäre. Deshalb haben wir im Wahlprogramm auch eine Verschärfung vorgesehen. Ob diese mit einer Unions-geführten Regierung machbar ist, sehe ich kritisch.

Bezüglich der Einnahmenseite gerade der Rentnerinnen und Rentner mit niedrigen Einkünften ist das Konzept der solidarischen Grundrente überfällig. Andrea Nahles hat das Konzept in der letzten Wahlperiode schon fertig gestellt - die Union hat blockiert. Für mich ein wichtiges Thema bei den Sondierungsgesprächen.

Mein Fazit zu Ihrem Fragenkomplex: Wir brauchen ein umfassendes Konzept, um den Anstieg der Zahl der Wohnungs- und Obdachlosen zu stoppen und die bereits in diesen Lebenssituationen befindlichen Menschen konkrete Hilfe anzubieten. Das kann gelingen, wenn sich der Staat auf allen Ebenen zusammen mit der Diakonie und Verbänden wie der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe zusammentut und Konzepte erarbeitet. Mit dem Hin- und Herschieben von Verantwortlichkeiten verschleppt man das Problem auf dem Rücken der Betroffenen.

Mit freundlichen Grüßen,
Gustav Herzog