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Gunther Krichbaum
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Gunther Krichbaum von Wilfried M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
Sie haben als Mitlglied des "Ausschusses für Europaangelegenheiten" am 5.7.2011 an der Verhandlung im Bundesverfassungsgericht teilgenommen. Es ging um die Beschwerden gegen den "Euro- Rettungsschirm" und die "Griechenland- Hilfe" (1).

Dort soll ein Prof. Mayer aus Bielefeld geäußert haben, was ich unglaublich finde:
Die Verfassungsbeschwerden seien "jedenfalls aber unbegründet". "Die Beschwerdeführer würden sich auf ein neuartiges Recht berufen, das bisher gar nicht existiere, nämlich ein umfassendes Grundrecht auf Demokratie. Für die Anerkennung eines solchen Grundrechts und eine damit verbundene Ausweitung der Möglichkeiten zur Verfassungsbeschwerde gebe es aber keinen Anlass" (1).

Bitte teilen Sie mir mit, ob damit auch Ihre Grundrechts- Auffassungen ausgesprochen wurden.

Was spräche für den Fall, daß diese Auffassungen einer gründlichen Prüfung standhalten sollten, gegen eine sofortige Gesetzesinitiative für mehr Demokratie?

Jedenfalls so viel, daß wir ein umfassendes Grundrecht dergestalt bekommen, wie ich das aus der Zusicherung "Alle Macht geht vom Volke aus" bisher herauslas.

Natürlich ist die Vorstellung bestechend, wir hätten im Bundestag lauter dem Volk wohlgesonnenen Vertreter, die alles richtig machen wollten und kraft tiefgündiger Bildung auch könnten.
Nur: Stimmt sie denn mit den neachprüfbaren Tatsachen überein?

Könnte es nicht mitunter gar lebensrettend sein, wenn von dem Volk und seinen nicht die momentane Mehrheit im Parlament repräsentierenden Vertretern Anregungen kommen, Fehlentscheidungen einer womöglich desinformierten MdB- Masse korrigieren?

Welches Höhere Prinzip sollte denn über einem umfassenden Grundrecht auf Demokratie das letzte Wort haben?

Mit freundlichen Grüßen
Dipl.- Med. W. Meißner
Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Anatomie
Gruppe Justizkontrolle / Scientologyabwehr Deutschland

1) http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/35020850_kw27_bvg_griechenland/index.html

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Sehr geehrter Herr Meißner,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Im Rahmen des Verfahrens über Verfassungsbeschwerden in Sachen Griechenland/Euro-Stabilisierungsmechanismus ist Prof. Franz Mayer Prozessbevollmächtigter des Deutschen Bundestages und hat den Bundestag in der mündlichen Verhandlung am 5. Juli 2011, an der auch ich als Vorsitzender des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union teilgenommen habe, vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten.

Die Verhandlungsgliederung, die das Gericht ausgearbeitet hatte, sah im Ablauf nach den einleitenden Stellungnahmen zunächst die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden vor. Im Rahmen dieser Erörterung ging es um die Rügefähigkeit der Beschwerdegegenstände und sodann um die sog. Beschwerdebefugnis. Da sich die Beschwerden auf die Art. 14 und 38 Grundgesetz stützten, wurde die Frage thematisiert, inwieweit Art. 38, der die Grundsätze der Wahlen zum Bundestag umfasst, für eine auf Individualrechtschutz ausgelegte Verfassungsbeschwerde herangezogen werden kann. In der Fachliteratur werden hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten, das Bundesverfassungsgericht hatte sich mit dieser Frage bereits im Urteil in Sachen Vertrag von Lissabon auseinandergesetzt. Etwas vereinfacht geht es auch um die Frage, ob ein eine Verfassungsbeschwerde tragendes Grundrecht auf Demokratie aus Art. 38 zu entnehmen ist oder nicht. Hierauf bezog sich u.a. das Rechtsgespräch, in dessen Verlauf Prof. Meyer die von Ihnen zitierte Aussage machte. Ich kann verstehen, dass sich hierauf für jenen Zuhörer, der diesen Zusammenhang nicht kennt, Missverständnisse ergeben können und hoffe, diese beseitigt zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Krichbaum

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