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Gülistan Yüksel
SPD
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Frage von Monika B. •

Frage an Gülistan Yüksel von Monika B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Yüksel, da jetzt auch Menschen unter Vollbetreuung wählen dürfen, stellt sich mir die Frage, wie unter diesen Umständen freie und geheime Wahlen gewährleistet werden können. Allein in meinem Umfeld befinden sich schon mehrere Personen, die leider noch nicht einmal in der Lage sind zu äußern, ob sie z.B. Schmerzen haben oder etwa hungrig sind. Wie sollen diese Menschen, die einfach die Tragweite einer Wahl nicht (mehr) überblicken können, wählen? Wenn nun der Betreuer die Eintragung ins Wählerverzeichnis beantragt, wie stellt man sicher, dass er nicht mehrfach wählt (für sich und seine Klienten)? Prüft das jemand? Diskriminierung darf und sollte nicht sein aber dürfen demnächst sehbehinderte Menschen unter dem Gesichtspunkt "Diskriminierungsverbot" Auto fahren?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau B.,

vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich des Wahlrechts für Menschen mit Behinderungen.

Für uns als SPD ist es ein großer Erfolg, dass künftig auch Menschen, die in allen Angelegenheiten eine Betreuung haben, wählen gehen dürfen. Die SPD hat in den Koalitionsvertrag hinein verhandelt, dass der Wahlrechtsausschluss von Menschen, die unter Vollbetreuung stehen, abgeschafft werden soll. Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Wahlrechtsausschlüsse ersatzlos gestrichen werden. Das freut mich – das Wahlrecht ist für mich eine Frage der Demokratie.

Sicherlich werden künftig nicht alle der ca. 85.000 Menschen wählen gehen, die es bisher nicht dürfen. Vielleicht werden es nur 10.000 oder weniger sein. Es geht aber um das Wahlrecht – es besteht keine Wahlpflicht in Deutschland.

Gegen das Argument des möglichen Wahlbetrugs möchte ich anführen, dass Wahlbetrug schon heute unter Strafe steht. § 107a des Strafgesetzbuches legt bereits fest, dass unbefugtes Wählen strafrechtlich sanktioniert wird. Es ist wirklich schade, dass Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und deren Assistent*Innen einiges an Misstrauen entgegengebracht wird. Es wird vermutet, dass bei diesen Personen die Gefahr des Wahlbetrugs groß sei und womöglich mehrfach gewählt würde.

Ich möchte grundsätzlich zu bedenken geben, dass die Möglichkeit des Wahlbetruges bei allen Wahlberechtigten bestehen kann – etwa wenn sie Briefwahl beantragen und ihren Wahlschein zu Hause ausfüllen. Leider werden hier bei Menschen mit und ohne (kognitiven) Behinderungen offenbar andere Maßstäbe angesetzt. Meiner Überzeugung nach zu Unrecht. Diskriminierung darf nicht sein.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen Ihre Fragen beantwortet zu haben, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Gülistan Yüksel

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