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Gerda Hasselfeldt
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Frage von Max R. •

Frage an Gerda Hasselfeldt von Max R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Hasselfeldt,

auf meine Frage vom 28.06.2012:

werden Sie für den ESM stimmen, und falls ja, warum?
Können Sie guten Gewissens Deutschland möglicherweise für unbegrenzt hohe Schulden haften lassen?

sind Sie bis heute nicht eingegangen.

In der Zwischenzeit konnte ich feststellen, dass Sie zugestimmt haben.

Meine Frage "Können Sie guten Gewissens Deutschland möglicherweise für unbegrenzt hohe Schulden haften lassen?"

hat sich damit noch nicht erledigt.

Zudem möchte ich folgendes gerne wissen:

Wie bzw. womit begründen Sie Ihre Zustimmung?

Darüber hinaus interessiert mich Ihre Haltung zur aktuellen "Bankenrettung Spanien".

Schöne Grüße!

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Riedl,

vielen Dank für Ihre Anfragen vom 29. Juni und 20. Juli 2012 zur Eurozone, insbesondere zur Verabschiedung des „Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)“. Ich habe aus guten Gründen dem ESM zugestimmt. Gerne kann ich meine Gründe erläutern:

Deutschland hat ein elementares Interesse daran, zur Stabilisierung des Euro im Rahmen seiner Möglichkeiten beizutragen. Als exportorientierte Nation profitieren wir in besonderem Maße von einem stabilen Euro. Nicht zuletzt kleinen und mittleren Unternehmen kommt die Tatsache zugute, dass mit der Einführung des Euro das Währungsrisiko in der Eurozone entfallen ist. Heute gehen mehr als 40 Prozent der deutschen Exporte in andere Eurostaaten. Zudem hat der Euro seit seiner Einführung für Preisstabilität gesorgt und damit die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger in den Eurostaaten gesichert. Dies zeigt: Wirtschaft und Wachstum in Deutschland sind untrennbar mit der Stabilität des Euro verbunden. Es liegt daher in unserem ureigenen Interesse, ein Auseinander-brechen der Währungsunion zu verhindern und die notwendigen Maßnahmen für den Erhalt des Euro zu ergreifen.

Eine solche Maßnahme für den Erhalt des Euro ist der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM). Ziel des ESM ist es nicht, dauerhafte Abhängigkeiten zu schaffen oder einen Länderfinanzausgleich auf europäischer Ebene zu etablieren, sondern Eurostaaten bei einer vorübergehenden Haushaltsnotlage unter die Arme zu greifen und dadurch Schaden vom Euro abzuwenden. Leistungen aus dem ESM gibt es nur unter strikten Auflagen. Solidarität ist jedoch keine Einbahnstraße. Es gilt der Grundsatz: Hilfen nur gegen Auflagen. Wer Finanzhilfen will, muss seine öffentlichen Haushalte konsolidieren und die dazu gemachten Auflagen erfüllen. Sonst kann und darf es kein Geld geben.

Ohne die Hilfen aus der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und dem ESM wäre es zu ungeordneten Staatspleiten im Währungsverbund des Euro gekommen. Eine ungeordnete Insolvenz würde im Chaos enden und in einer Art Dominoeffekt andere Eurostaaten in Mitleidenschaft ziehen, da sie demselben Währungsverbund angehören. Wir müssten auch dann mit erheblichen finanziellen Belastungen für Deutschland rechnen. Dies kann kein gangbarer Weg sein. ESM und EFSF haben wir also zum Schutz vor ungeordneten Staatspleiten errichtet und damit auch zu unserem eigenen Schutz.

Wir bleiben jedoch nicht an diesem Punkt stehen. Um den Dominoeffekt im Euro-Währungsverbund zu begegnen, setzen wir uns auf europäischer Ebene für die Einführung eines Insolvenzrechts für Staaten ein. Dann kann es auch im Euro-Währungsverbund zu geordneten Staatspleiten kommen.

Zum Haftungsumfang gilt Folgendes: Deutschland geht keine unbegrenzten Haftungsverpflichtungen ein. Alle wesentlichen Entscheidungen, die der ESM treffen kann, einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen oder Änderungen am gezeichneten Kapital, müssen einstimmig durch den Gouverneursrat des ESM getroffen werden. Deutschland verfügt über seinen Vertreter im Gouverneursrat dabei bei allen wichtigen Entscheidungen des ESM über ein Vetorecht. Mit dem ESM-Finanzierungsgesetz haben wir dieses Vetorecht dem Deutschen Bundestag übertragen, indem dem Abstimmungsverhalten des deutschen Vertreters im Gouverneursrat ein umfangreicher Parlamentsvorbehalt vorgeschaltet wurde. Hat der Vertreter kein Votum des Bundestages, so muss er mit Nein stimmen.

Aufgrund der von uns im Gesetzgebungsverfahren bewusst verankerten Regelung muss das Plenum des Deutschen Bundestages immer dann vorher zustimmen, wenn der ESM ein neues finanzielles Risiko eingeht. Das ist insbesondere bei Entscheidungen über neue Hilfsprogramme der Fall oder auch bei finanzwirksamen Änderungen von bestehenden Programmen. Der Haushaltsausschuss begleitet die Umsetzung der Programme. Seine Zustimmung ist z. B. dann notwendig, wenn die Bedingungen von Hilfsprogrammen geändert werden sollen, auch wenn das Volumen des Hilfspaketes unverändert bleibt. Zudem ist er vor Auszahlungen einzelner Tranchen bereits genehmigter Programme zu beteiligen.

Der Deutsche Bundestag hat bei allen Maßnahmen im Rahmen des Euro-Rettungsschirms, die seine Haushaltsverantwortung berühren, das letzte Wort. Damit bleibt das Budgetrecht des Bundestages in vollem Umfang gewahrt.

Die Finanzhilfe für Spanien trage ich mit. Die Finanzhilfe soll dazu dienen, die Stabilität, Widerstandsfähigkeit und langfristige Wettbewerbsfähigkeit des spanischen Finanzsektors zu erhalten und den Marktzugang für das Königreich Spanien zu nachhaltigen Finanzierungskonditionen zu sichern.

Die Finanzhilfe ist unabweisbar, um die Sicherung der Stabilität in der Eurozone insgesamt zu gewährleisten. Dies haben Europäische Kommission (EU-KOM), die Europäische Zentralbank (EZB), die Europäische Bankenaufsicht (EBA) und der Internationale Währungsfonds (IWF) bestätigt.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Gerda Hasselfeldt, MdB