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Gabriele Molitor
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Frage von Helmut H. •

Frage an Gabriele Molitor von Helmut H. bezüglich Soziale Sicherung

Betreff: Arbeitslosengeld II (Hartz IV) – Anpassung

Sehr geehrte Frau Molitor,

Zum Betreff folgende Fragen an Sie:

1. Ist die EVS überhaupt methodisch geeignet, ein Existenzminimum zu ermitteln? Das SOLL wird vom IST abgeleitet?

„[...] Die EVS [Einkommens- und Verbrauchsstichprobe] liefert unter anderem, [...], eine statistische Auswertung des Ausgabeverhaltens einzelner Bevölkerungs- und Einkommensgruppen. Sie stellt somit eine IST-Analyse dar. […] eine soziale Mindestsicherung, hingegen muss sich als SOLL-Größe definieren, [...]“
(siehe http://www.spiegelfechter.com/wordpress/4346/falsche-berechnungsgrundlage-bei-hartz-iv und http://www.spiegelfechter.com/wordpress/4229/kleinrechnerei-als-grosbetrug )

2. Sollte stattdessen nicht wieder zu einem – einvernehmlich zu vereinbarenden – Warenkorbmodell zurück gekehrt werden, das die tatsächlichen Mindestbedürfnisse der betroffenen Menschen sicher stellt?

Beispiel: Im Referentenentwurf zur Neufestsetzung des Hartz-IV-Regelsatzes findet sich ein monatlicher Betrag von 2,28 € für die Nutzung von Internetdienstleistungen. Es muss jedem klar sein, dass dieser Betrag keinen einzigen Hartz-IV-Empfänger in die Lage versetzt, zu den realen Preisen einen Internetzugang zu nutzen! Solche Beträge kommen m. E. durch eine statistikgläubige, Wort für Wort-Interpretation der EVS-Daten zustande. Hier wird gezeigt, dass statistische Methoden à la EVS denkbar ungeeignet sind zur Ermittlung von gegenwärtigen Bedarfen, wie dem Hartz-IV-Regelsatz.

Mir scheint – allgemein formuliert – die Regierung, die Politik, die Parteien sind sich nicht bewusst, welchen Gefahren sie sich und damit unsere Gesellschaft aussetzen durch solcher Art Umgang mit ihrer Verantwortung.

Im Voraus besten Dank für Ihre Antwort.

Freundliche Grüße nach Berlin
Hemut Höft

Porträtfoto Gabriele Molitor
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Höft,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail und Ihre Bitte um eine Stellungnahme zur Neuberechnung der ALG-II-Leistungen und den hierfür verwandten Methoden.

Nach meiner Auffassung ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes gut für die Berechnung der ALG-II- oder Hartz IV-Regelsätze geeignet. Nur durch die Berechnung tatsächlicher IST-Durchschnittswerte, lässt sich ableiten, welches Summe als Regelleistung geeignet ist. Nur wenn wir wissen, was jetzt ausgegeben wird, lässt sich objektiv beurteilen, welche Mittel notwendig sind, um das Existenzminimum zu sichern. Für den Fall, dass, Ihrer Anregung entsprechend, ein SOLL-Wert als Grundlage für die Berechnung dient, wären wir gezwungen für jeden Betroffenen individuelle Regelsätze zu berechnen, da sich auch die Bedürfnisse und Wünsche individuell unterscheiden. Dieser millionenfache Aufwand wäre weder verwaltungstechnisch noch kostenmäßig umzusetzen.

Was Ihren Beispielwert für den Internetzugang angeht, so stehen nach meinem Wissen in Zukunft 15 Euro hierfür zur Verfügung. Unabhängig davon, wie hoch der Satz ist, lässt sich an diesem Beispiel gut nachvollziehen, warum die EVS sinnvoll ist. Die EVS dient der Berechnung von Durchschnittswerten – nicht von absoluten Endpreisen. Vor diesem Hintergrund sind für jeden Empfänger von ALG-II sämtliche Durchschnittskosten gleich angesetzt – unabhängig von seinem Geschlecht und möglichen individuellen Wünschen. Auch wer kein Internet nutzt, wird in seinem Regelsatz hierfür einen gewissen Geldbetrag erhalten. Auch als Mann ist in den Regelsatz ein Geldbetrag für Damenschuhe eingerechnet. Frauen wiederum haben auch einen Betrag für Herrenschuhe in ihren Regelsatz inkludiert. Diese Liste ließe sich je nach Detailgrad fortsetzen. Insgesamt liegen der Berechnung der Regelsätze mehr als 50 Einzelkomponenten zugrunde, die aber nicht von jedem Menschen auch gleich genutzt werden.

Vor diesem Hintergrund halte ich die jetzige Berechnungsgrundlage und die Nutzung der EVS für sinnvoll und zielführend. Ebenfalls richtig ist, dass die Hartz-IV-Sätze künftig jedes Jahr angepasst werden. Dabei wird sich die Erhöhung zu 70 Prozent an der Preis- und zu 30 Prozent an der Lohnentwicklung. Mit dieser jährlichen Anpassung an den IST-Zustand werden mögliche Teuerungen aufgefangen und ein gesichertes Leben ermöglicht. Dadurch steigen die Hartz-IV-Sätze insgesamt mehr als die Rente.

Ich hoffe, dass ich Ihnen meinen Standpunkt mit meinen Ausführungen hirneichend darlegen konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Gabriele Molitor