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Gabriele Molitor
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Frage von Achim Dr. H. •

Frage an Gabriele Molitor von Achim Dr. H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Molitor,

leider ist das Thema Euro-Rettungsschirm durch die Italienwahl nicht gerade entschärft worden.
Nun bin ich auch noch auf Folgendes aufmerksam gemacht worden:
Der Artikel 352 des Lissabon-Vertrags, der gegen Ende besagt: „Erscheint ein Tätigwerden der Union ... erforderlich, ... und sind in den Verträgen die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der Rat... auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die geeigneten Vorschriften.“
Heißt das nicht eigentlich, dass sich das Europäische Parlament einfach über Verträge hinwegsetzen kann, auch wenn die Befugnisse dafür nicht vorliegen, und zwar an den Nationalparlamenten vorbei?

Ich würde mir wünschen, wenn meine Sorgen gehört werden und Sie dieses Thema in Ihre Arbeit einbringen könnten.

Vielen Dank.

Dr. Achim HIllen

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dr. Hillen,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 26. Februar 2013, in der Sie mich nach der Bedeutung von Artikel 352 des Lissabon Vertrages befragen. Ich verstehe, dass Ihnen die Vorstellung einer von nationaler parlamentarischer Kontrolle losgelöst agierenden Europäischen Union Sorgen bereitet.

Ich kann Ihnen aber mitteilen, dass Ihre Sorgen unbegründet sind. Der von Ihnen teilweise zitierte Artikel 352 Absatz 1 benennt strikte Grenzen für die Erlassung von Vorschriften:

„Erscheint ein Tätigwerden der Union im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Politikbereiche erforderlich, um eines der Ziele der Verträge zu verwirklichen, und sind in den Verträgen die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die geeigneten Vorschriften.“

Die Kommission kann also nur dort eine Nachbesserung in die Wege leiten, wo die Europäische Union bereits zuständig ist. Ferner darf dies nur geschehen, um die vertraglich festgesetzten Ziele zu verwirklichen. Die Bereiche, in denen die Union Entscheidungsbefugnis hat, sind in den Artikeln 3 und 6 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union genau festgelegt.

Absatz 2 des Artikels zwingt die Kommission dazu, den Bundestag und die anderen Parlamente über entsprechende Vorhaben umgehend in Kenntnis zu setzen. In der Phase der Europäischen Gesetzgebung haben die Parlamente der Mitgliedsstaaten alle Möglichkeiten den Prozess zu kontrollieren.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Bedenken wegen Artikel 352 entkräften. Das Netz der Kontrollen durch EU-Institutionen wie auch nationale Parlamente und Gerichte schafft ein hohes Maß an Rechtssicherheit. Ich möchte Ihnen außerdem versichern, dass sich die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes Ihrer vertraglichen Kompetenzen bewusst sind und dass sie kein Interesse zeigen, diese Grenzen ohne vorhergehenden konstruktiven Dialog mit den nationalen Parlamenten neu zu setzen.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Molitor