Wie stehen Sie zu Waffenlieferungen nach Israel? Wie sollte die Bundesregierung eine Zunahme antisemitischer Übergriffe verhindern? Wie stehen Sie zur beabsichtigten Einladung Netanjahus?
Wir sind eine Gruppe politisch interessierter Frauen, die sich regelmäßig zu aktuellen Themen austauschen.
Wir sind zunehmend beunruhigt über die Haltung der Bundesregierung zum Geschehen in Israel, dass mit dem Ziel die Hamas zu zerschlagen ein ganzes Volk vertrieben und vernichtet wird, die Siedlungspolitik brutal weitergeführt und kritische Stimmen und NGOs im Land bedroht und verfolgt werden. Die deutsche Staatsräson in Bezug auf den Staat Israel kann nicht bedeuten, eine rechtsradikale Regierung zu unterstützen und mit Waffen zu beliefern.
Auch in Deutschland werden kritisch-solidarische Stimmen zur Situation der Menschen in Gaza und der Westbank unterdrückt und behindert, obwohl unsere Verfassung das Recht auf freie Meinungsäußerung garantiert. Wenn einer kritischen Auseinandersetzung kein Raum geboten wird, dann fürchten wir eine weitere Zunahme antisemitischer Angriffe in Deutschland.
Es erschüttert uns, dass Friedrich Merz Ministerpräsident Netanjahu einladen möchte.

Sehr geehrte Frau W.,
Deutschland pflegt eine besondere Beziehung zu Israel, die auf der historischen Verantwortung des Landes für die Shoah beruht – den systematischen Völkermord an rund sechs Millionen jüdischen Menschen in Europa während der Zeit des Nationalsozialismus. Seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen am 12. Mai 1965 haben sich die Verbindungen zwischen beiden Ländern auf politischer und gesellschaftlicher Ebene kontinuierlich vertieft und ausgebaut. Diese besondere Partnerschaft ist ein fundamentaler Bestandteil der deutschen Außenpolitik. Deutschland bekennt sich klar zum Existenzrecht Israels und setzt sich als aktiver Akteur innerhalb der EU für den Frieden im Nahen Osten ein. Es unterstützt nach wie vor die Zwei-Staaten-Lösung, die aus deutscher Sicht die beste Perspektive für ein friedliches und sicheres Leben sowohl für Israelis als auch für Palästinenser darstellt. In den Vereinten Nationen engagiert sich Deutschland für einen fairen Dialog zwischen den Konfliktparteien in der Region.
In Bezug auf den aktuellen Konflikt hat die Bundesregierung beschlossen, vorerst keine Exporte von Rüstungsgütern zu genehmigen, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten. Gleichzeitig betonte Bundeskanzler Merz, dass diese Entscheidung keine grundsätzliche Veränderung der deutschen Israelpolitik darstellt. Israel bleibt für Deutschland ein zentraler Partner, und der Schutz des Staates Israel ist von hoher Bedeutung für die deutsche Staatsräson.
Was die Region nun dringend braucht, ist ein sofortiger Waffenstillstand, eine erhebliche Steigerung der humanitären Hilfe für die Menschen im Gazastreifen und die sofortige, bedingungslose Freilassung der Geiseln. Die Offensive auf Gaza-Stadt wird als der falsche Weg betrachtet. Alle Versuche einer völkerrechtswidrigen Annexion von besetzten Gebieten gefährden die Aussicht auf eine langfristige Lösung des Konflikts. Auch wenn dies derzeit noch weit entfernt erscheint, bleibt die verhandelte Zwei-Staaten-Lösung der einzige realistische Weg, der sowohl den Israelis als auch den Palästinensern ein Leben in Frieden, Sicherheit und Würde ermöglichen kann. Für Deutschland steht die Anerkennung eines palästinensischen Staates eher am Ende eines längeren Prozesses – dieser muss jedoch jetzt beginnen.
Mit freundlichen Grüßen
Franziska Hoppermann