Hamburg hat per Entscheid, Klimaneutralität beschlossen. Hat dies Gesetzeskraft? Wie wird Hamburg sich und seine Einwohner dann finanzieren? Wo kommen die benötigten Steuereinnahmen dann konkret her?
Frau Hoppermann,
1. Ist der Volksentscheid zur Klimaneutralität in HH, rechtlich bindend für die Stadt?
Falls ja, wann muss mit der Umsetzung spätestens und radikal begonnen werden?
2. Dürfen Dieseltanker den Hafen noch anfahren, wird Industrie abwandern, Mietpreise explodieren (durch Wärmedämmungen), usw.
3. Wie plant HH die fehlenden Steuereinnahmen zu kompensieren? Wie verhindert HH, das die Arbeitsplätze abwandern?
Welches realistische Konzept hat HH für den intern. Standortwettbewerb?
4. "Eine Klimaneutralität bis 2040 unter der Maßgabe der Sozialverträglichkeit und Bezahlbarkeit ist nach Überzeugung des Senats nur möglich, wenn dafür die entsprechenden Voraussetzungen auf Bundesebene geschaffen werden."
https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/klimaentscheid-was-sind-die-folgen-fuer-hamburg,zukunftsentscheid-138.html
Plant die Union verbindlich auf Bundesebene so drastisch mitzuziehen? Falls nein, was ist die kommende Perspektive für HH ?
Ich bitte um ganz präzise Beantwortung !
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre sehr konkreten Fragen. Ich möchte sie gern zusammenhängend beantworten – und gleichzeitig betonen, dass die inhaltliche Verantwortung für die Bewertung und Ausgestaltung des Zukunftsentscheids selbstverständlich bei der CDU-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft liegt. Dort wird aktuell sehr intensiv und mit großer Ernsthaftigkeit geprüft, wie die Stadt mit den Folgen des Volksentscheids umgehen kann und welche politischen Schritte notwendig und verantwortbar sind.
Aus meiner Sicht zeigen die vergangenen Wochen vor allem eines: Ein Ziel wie die Klimaneutralität 2040 klingt ambitioniert, aber sobald man sich mit den tatsächlichen Auswirkungen auf Haushalte, Unternehmen, Infrastruktur, Handwerk und Mietmärkte befasst, wird schnell deutlich, wie viele offene Fragen bestehen und wie groß die Spannungen sind, die durch ein so enges Zeitkorsett entstehen. Der Volksentscheid hat formal Gesetzeskraft, aber er ersetzt nicht die praktische Umsetzbarkeit – und auch nicht die soziale Balance, die jede Klimapolitik zwingend braucht. Genau deshalb gestaltet die Bürgerschaftsfraktion der CDU die aktuelle Bewertungsphase sehr gründlich und spricht offen über die Konsequenzen, die sich ergeben würden, wenn Hamburg einen Sonderweg einschlägt, der deutlich von bundesweiten Standards abweicht.
Dass Themen wie Hafenlogistik, Industrie, Wohnungsmarkt oder kommunale Finanzen nicht isoliert betrachtet werden können, liegt auf der Hand. Die erheblichen Investitionen, die bis 2040 notwendig wären, treffen auf ein Land, das bereits heute mit Fachkräftemangel, hohen Bau- und Energiekosten sowie angespannten Haushalten zu kämpfen hat. Das Zieljahr allein löst keines dieser Probleme. Und es ist völlig legitim, wenn politische Verantwortungsträger in der Stadt nun sehr genau hinterfragen, wie realistisch dieser Pfad tatsächlich ist – und ob er Hamburg nicht in gesellschaftliche und wirtschaftliche Risiken führt, die man besser vermeidet, bevor sie eintreten.
Gleichzeitig hat der Senat selbst deutlich gemacht, dass Hamburg die Voraussetzungen für ein solches Tempo gar nicht aus eigener Kraft schaffen kann. Der Hinweis des Senats, ohne massive Bundesmaßnahmen ließe sich ein Zeitplan 2040 nicht stemmen, spricht für sich. Als Bundestagsabgeordnete sehe ich sehr klar, wie wichtig verlässliche, technologieoffene und sozial verträgliche Schritte auf Bundesebene sind – aber ebenso klar ist: Wir werden auf Bundesebene keinen politischen Rahmen schaffen, der einzelne Länder in einen ungleich höheren Anpassungsdruck drängt. Klimapolitik braucht breite Akzeptanz. Sie gelingt nicht über Überforderung.
Vor diesem Hintergrund hat die CDU-Bürgerschaftsfraktion in der vergangenen Woche einen eigenen Antrag eingebracht, der vorsieht, das bestehende Gesetz parlamentarisch zurückzunehmen und durch einen tragfähigeren Ansatz zu ersetzen. Den Antrag finden Sie hier:
https://cduhh.de/thering-hamburg-braucht-klimaschutz-mit-augenmass-und-sozialer-gerechtigkeit/
Der Antrag zielt ausdrücklich darauf ab, Klimaschutz mit Augenmaß, sozialer Gerechtigkeit und finanzieller Verantwortbarkeit zu verbinden. Ich halte es für richtig, dass dieser Weg nun offen diskutiert wird und die Fraktion damit die Initiative ergreift, um einen Ausgleich zwischen berechtigtem Klimaschutzanspruch und realistischen Umsetzungspfaden herzustellen.
Gerade deshalb bereitet die CDU-Fraktion derzeit konkrete Schritte vor, um den eingeschlagenen Kurs zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Dazu gehört insbesondere, das Tempo des Gesetzes erneut parlamentarisch zu bewerten und – falls notwendig – durch eine langfristig stabile und umsetzbare Lösung zu ersetzen. Es geht dabei ausdrücklich nicht um ein „Zurückdrehen“ von Klimaschutz, sondern um die Frage, ob Hamburg einen verantwortbaren, finanzierbaren und praxistauglichen Weg einschlägt. Aus meiner Sicht ist es völlig richtig, dass die Fraktion diesen Prozess nicht scheut, sondern offensiv und sachorientiert führt.
Ich hoffe, diese Einordnung hilft Ihnen weiter – und für die Detailfragen zum Gesetz, zu möglichen Änderungen und zur konkreten Bewertung empfehle ich Ihnen ausdrücklich den direkten Austausch mit der CDU-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, die dieses Thema derzeit sehr verantwortungsvoll bearbeitet.
Mit freundlichen Grüßen
Franziska Hoppermann MdB

