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Florian Hahn
CSU
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Frage von Klaus E. •

Frage an Florian Hahn von Klaus E.

Herr Hahn,
haben sich die Griechen per Betrug in die Eurozone gemogelt?
glauben Sie, dass eine Volkswirtschaft wie die von Griechenland jemals im Euroraum überleben kann?
glauben Sie, dass ausgerechnet ein Kommunist die Misswirtschaft in Griechenland aus dem Dreck ziehen wird (nachdem der Kommunismus weltweit alle kommunistisch regierten Volkswirtschaften ruiniert hat)?
glauben Sie, dass jemals ein Euro der Kredite und Hilfen zurückbezahlt wird?
glauben Sie durch diese Insolvenzverschleppung dem griechischen Volk zu helfen?
sind Sie dem deutschen oder dem griechischen Volk verantwortlich?
wieso soll ausgerechnet die Mehrwertsteuererhöhung die großen Einnahmen bringen wenn das Volk angeblich kein Geld hat und Steuern sowieso kaum bezahlt werden?
wieso glauben Sie nach all den Erfahrungen der Vergangenheit, dass die versprochenen Reformen real umgesetzt werden?
Glauben Sie, dass die "Reformversprechen" die nächste Wahl (Herbst?) überleben werden?
nach den Verträgen ist Deutschland nicht verpflichtet für Schulden anderer Länder aufzukommen. Wieso stimmen Sie Verhandlungen über ein Hilfspacket von 80-100 Mrd. Euro zu? Gibt es in Bayern/Deutschland keinen Bedarf mehr für unser Steuergeld dann denken Sie einmal an Schuldentilgung hier oder gar an Steuersenkung.
Glauben Sie vielleicht, dass ich noch jemals CSU, SPD oder Grün wählen werde? Ich hoffe, dass sich bis zur nächsten Wahl noch eine echte Alternative herauskristallisiert. Mit mir (und meiner Familie) verlieren Sie einen Wähler der 40 Jahre CSU gewählt hat.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Ebner,

vielen Dank für Ihre Email vom 18.07. dieses Jahres, in der Sie sich zur griechischen Schuldenkrise äußern. Den Unmut über die griechische Regierung und den Zweifel an deren Vertrauenswürdigkeit kann ich gut nachvollziehen. Auch ich weiß sehr wohl um die Versäumnisse der Griechen in den vergangenen Jahren und habe die Beschimpfungen der letzten Monate durch die Griechen nicht vergessen.

Trotzdem habe ich dem Antrag der Bundesregierung auf ein Verhandlungsmandat über Stabilitätshilfe vom Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) für Griechenland zugestimmt. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein unkoordinierter Austritt Griechenlands aus der Eurozone nicht nur für Griechenland, sondern auch für Deutschland der schlechtere Weg wäre. Sämtliche Kredite müssten sofort abgeschrieben werden. Dies würde zu Verwerfungen auf den Finanzmärkten führen. Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Irland könnten diese Last nur schwer schultern. Das könnte unsere Währung substanziell gefährden.

Zudem müssten wir dem Land bei einem Austritt vermutlich Jahrzehnte finanzielle und humanitäre Hilfe leisten. Auf die Durchsetzung von Reformen könnten wir dann aber nicht mehr drängen. Wir wollen Griechenland nicht um jeden Preis in der Eurozone halten. Eine Art europäischen Länderfinanzausgleich lehnen wir entschieden ab. Es gilt auch weiterhin der Grundsatz: Hilfen nur gegen Reformen! Griechenland war bereits auf einem guten Weg. Dies hat die neue Regierung leider zunichte gemacht und unfassbar viel Vertrauen zerstört. Deshalb war Bedingung für die Aufnahme von Verhandlungen über weitere Hilfen, dass Griechenland in Vorleistung gehen muss. Das griechische Parlament hat deshalb bereits erste wichtige Reformen beschlossen über deren Umsetzung die Troika mit Argusaugen wachen wird. Es wird sich im Verlauf der nun beginnenden Verhandlungen zeigen, ob Griechenland den Weg der Reformen konsequent weiter gehen will. Nur wenn das der Fall ist, werden wir am Ende weiteren Hilfen zustimmen. Ich kann Ihnen versichern, dass ich mir die Entscheidung darüber nicht leicht gemacht habe. Klar ist aber auch, dass das Paket über das momentan verhandelt wird, härtere Auflagen als je zuvor beinhaltet. Zudem ist es vor allem ein Reformpaket, dass für funktionierende staatliche Strukturen in Griechenland sorgen soll. Dies ist Hilfe zur Selbsthilfe, damit Griechenland wieder auf die Beine kommt und sich langfristig selbst finanzieren kann.

Die Kanzlerin und der Finanzminister haben meines Erachtens Großes geleistet: Sie sind die stärksten Garanten für einen soliden Euro und davon profitiert Deutschland als große Exportnation seit Jahren – und soll es auch weiterhin tun. Ich bin überzeugt davon, dass sie auch in den bevorstehenden Verhandlungen das bestmögliche Ergebnis erzielen und eine Transferunion, wie linke Kräfte in Europa sie anstreben, verhindern.

Unabhängig von der finanzpolitischen Dimension bin ich vor allem als Außen- und Sicherheitspolitiker davon überzeugt, dass wir Europa brauchen, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu lösen, sei es im Kampf gegen den IS im Nahen Osten oder um dem russischen Expansionswillen in Osteuropa entgegen zu stehen. Auch bei der Bewältigung der epochalen Flüchtlingsströme muss Europa zusammenhalten. In der aktuellen Debatte vergessen wir leicht, dass Europa mehr ist als der Euro – es ist eine Wertegemeinschaft, die für Frieden und Freiheit und für Menschlichkeit und Solidarität steht. Deshalb sind wir Sehnsuchtsort vieler Menschen außerhalb Europas. Wir dürfen diese Einheit, wegen einzelner linker und im Grunde nationalistischer Kräften in Griechenland nicht aufs Spiel setzen. Auch deshalb habe ich dem Verhandlungsmandat zugestimmt – aus europäischer Verantwortung.

Ihr Florian Hahn MdB

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