Elske Hildebrandt
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SPD
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Frage von Erhard J. •

Sehr geehrte Frau Hildebrandt, wollen Sie sich dafür einsetzten, dass sich Deutschland den europäischen Rechtsstandards anpasst und § 146 GVG streicht?

Sehr geehrte Frau Hildebrandt,

nach gegenwärtigen Recht (§ 146 GVG) ist der Justizminister gegenüber dem Staatsanwalt weisungsbefugt. Das heißt, wenn ein Justizminister angezeigt wird (z. B. wegen Falschbeurkundung im Amt), kann der Justizminister den Staatsanwalt anweisen, dass er das eingeleitete *VOR*Ermittlungsverfahren einstellen muss.

Siehe: https://www.change.org/Pet-BT-146GVG

Mit freundlichen Grüßen

Erhard J.

Elske Hildebrandt
Antwort von
SPD

Lieber Herr J,

ich muss zugeben, dass ich mich mit dem von Ihnen erfragten Thema erstmal beschäftigen musste. Da das nicht zu meinem Arbeitsbereich gehört, habe ich mich bei kenntnisreichen Kolleginnen auf Bundesebene kundig gemacht. Nach diesem Informationsaustausch kann ich Ihnen nun antworten, dass ich mich nicht für eine Streichung des § 146 GVG einsetzen werde.

Ich bin davon überzeugt, dass unsere Staatsanwältinnen und Staatsanwälte grundsätzlich politisch unabhängig arbeiten. Die von Ihnen geschilderten Einzelfälle enthalten schwerwiegende Vorwürfe, die ich nicht überprüfen kann. Ich bitte Sie, entsprechende Nachweise den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu übergeben.

Die deutsche Staatsanwaltschaft ist bei ihrer Arbeit an Recht und Gesetz gebunden und damit insbesondere an das Legalitätsprinzip und das Gebot der Objektivität. Bereits jetzt sind Weisungen aus sachfremden Erwägungen und eine politische Einflussnahme auf die Strafverfolgung rechtswidrig. Verstöße gegen diesen Grundsatz wiegen schwer und müssen mit allen Mitteln verhindert werden. Ich habe hier großes Vertrauen in unser Rechtssystem.

Innerhalb der SPD-Fraktion auf Bundesebene wird aber die Gefahr gesehen, dass das ministerielle Einzelfallweisungsrecht für eine politische Einflussnahme auf strafprozessuale Entschließungen missbraucht werden kann oder jedenfalls einen solchen Anschein bergen kann. Diese Gefahr soll gebannt werden. Deswegen will die SPD-Fraktion (gemäß der Vereinbarung im Koalitionsvertrag) das externe ministerielle Einzelfallweisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften reformieren. Eine ersatzlose Streichung wird dort jedoch nicht für den richtigen Weg gehalten. Denn das ministerielle Weisungsrecht im Einzelfall hat eine wichtige Funktion. Es sichert die demokratische Kontrolle der Staatsanwaltschaft und der Polizeibehörden. Bei gravierenden Fehlern der Strafverfolgungsbehörden kann das zuständige Justizministerium so politische Konsequenzen ziehen. Deswegen wird an einer tragfähigen Lösung gearbeitet, um einen Missbrauch des ministeriellen Einzelfallweisungsrechts zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen,
Elske Hildebrandt

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