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Edgar Franke
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Frage von Reinhard G. •

Frage an Edgar Franke von Reinhard G. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Franke,

ich habe gehört, dass das Bundeskabinett das Infektionsschutzgesetz wieder ändern will (§28b). Danach sollen Corona-Maßnahmen zentral von der Bundesregierung ohne Beteiligung der Länder und Gemeinden beschlossen werden. Bei dem Überschreiten bestimmter Zahlen sollen automatisch nächtliche Ausgangssperren verhängt werden, usw.

Widerspricht so ein Vorhaben bestimmten Prinzipien des Grundgesetzes? Dort wurde ja bewusst eine Gewaltenteilung vorgeschrieben und das Recht der Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern in bestimmter Weise aufgeteilt.

Haben die Bürger nicht das Recht, die Maßnahmen und Eingriffe in Grundrechte gerichtlich auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüfen zu lassen? Ist es richtig, dass sie sich damit nicht mehr an die Verwaltungsgerichte wenden können, falls das Infektionsschutzgesetz in dieser Weise geändert wird?

Ich habe gehört, dass bestimmte Kabinettsbeschlüsse auch ohne Beratung und Zustimmung des Bundestages Gesetz werden sollen. Es sei geplant, eine Frist festzusetzen, in der der Bundestag widersprechen kann. Könnte so eine Frist nicht in einer Zeit, in der keine Sitzungswochen stattfinden, versäumt werden?

Die angedachte Gesetzesänderung soll ab einer bestimmten „7-Tage-Inzidenz“ gelten. Zur Zeit werden ja immer mehr Corona-Schnelltests durchgeführt. Können Sie mir sagen, welchen Einfluss die Zunahme der Tests auf die Zahl der „7-Tage-Inzidenz“ hat?

Glauben Sie, dass zentralistisch getroffene Entscheidungen besser sind, als regional getroffene, die vielleicht an die Verhältnisse vor Ort besser angepasst sind? Könnten vielleicht gerade durch unterschiedliche Maßnahmen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, was wirklich wirksam ist?

Wenn aber trotzdem einheitlichere Regeln gewünscht sind – könnten dann nicht die Bundesländer solche eigenständig beschließen? Ist die Souveränität der Länder nicht ein rechtsstaatlich hohes Gut, das keinesfalls aufgeweicht werden sollte?

Mit freundlichen Grüßen

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Sehr geehrter Herr Großmann,

auf viele Menschen wirkt die Corona-Pandemie wie die Stunde der Exekutive. In den Verhandlungen mit der Union konnten wir als SPD-Bundestagsfraktion aber durchsetzen, dass Rechtsverordnungen der Bundesregierung immer unter einem Zustimmungsvorbehalt des Bundestages stehen müssen. Der Gesetzentwurf wird daher noch diese Woche erstmals im Bundestag beraten, im Anschluss soll es im Gesundheitsausschuss und bei einer Anhörung Thema sein. In der nächsten Woche soll es dann der Bundestag beschließen. Vorgesehen ist dann, dass das Gesetz kurz darauf dem Bundesrat zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt wird, der dafür zu einer Sondersitzung zusammentritt.

Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache: Die dritte Welle der Corona-Pandemie bringt hohe Inzidenzwerte und immer mehr Patienten auf den Intensivstationen der Krankenhäuser. Die Pandemie kennt keine Ländergrenzen, daher haben sich Bund und Länder einvernehmlich darauf verständigt, das Infektionsschutzgesetz zu ergänzen. Es werden rechtssichere, verständliche und bundeseinheitliche Maßnahmen festgelegt, wenn die Inzidenz von 100 überschritten wird. Ist das der Fall, gelten überall die gleichen Regeln für Ausgangsbeschränkungen ebenso wie für private Treffen. Das sind harte Einschnitte, aber es geht darum, uns alle vor dieser Krankheit zu schützen.

Wir wol­len mit dem Gesetz dafür sorgen, dass Deutschland insgesamt einheitlich vorgeht und Rechtssicherheit herrscht. Viele Bürge­rinnen und Bürger beklagen zu Recht, dass es an Klarheit mangelt.

Zur Verhängung nächtlicher Ausgangssperren: Einige Verwaltungsgerichte haben ja Ausgangsbeschränkungen in der Vergangenheit mit der Begründung aufgehoben, dass diese unverhältnismäßig seien. Sicherlich erhöht ein abendlicher Spaziergang im Freien grundsätzlich nicht die Gefahr der Infektion. Wir wollen aber mit den Ausgangssperren verhindern, dass sich Menschen abends privat in ihren Wohnungen mit mehreren Personen anderer Haushalte treffen, weil man das nicht kontrollieren kann. Das ist in der Tat rechtlich problematisch, man sucht jetzt aber nach einer Lösung, die die Grundrechte der Einzelnen besser berücksichtigt.

Auch ich bin der Meinung, dass der Blick auf Inzidenzen zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Pandemie nicht ausreicht. Ein wachsender Teil der Risikogruppen ist inzwischen geimpft und weniger gefährdet als etwa vor einem Jahr. Daher sollte auch die Impfquote berücksichtigt werden. Aber auch die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems ist von größter Bedeutung, weswegen die Auslastung der Intensivbetten ebenfalls in den Blick genommen werden sollte.

Wir müssen aber vor allem jetzt mit dem Imp­fen Woche für Woche so gut voranzu­kommen, dass wir im Sommer die Pan­demie endlich hinter uns lassen können. Dafür ist es aber auch nötig, dass die Zahl der Neuinfizierten nicht zu stark steigt und uns einen Strich durch die Rechnung macht. Deshalb müssen wir jetzt entschlossen handeln.

Mit freundlichen Grüßen

Edgar Franke

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