Portrait von Dorothee Martin
Dorothee Martin
SPD
84 %
48 / 57 Fragen beantwortet
Frage von Kerstin H. •

Frage an Dorothee Martin von Kerstin H. bezüglich Gesundheit

Guten Tag, liebe Frau Martin!

Die freue Arztwahl ist ein hohes Gut. Gilt aber für viele Menschen mit Behinderung nicht, denn nur rund ein Drittel der Arztpraxen sind barrierefrei zugänglich. Viele sind ohne Treppen zu erreichen, aber nur wenige haben ein WC, das Rollstuhlfahrer*innen nutzen können. Frauen im Rollstuhl waren seit Jahren bei keiner Krebsfrüherkennungsuntersuchung, weil sie keinen Gynäkologen finden, der zugänglich ist. Die KV muss die ambulante Versorgung sicherstellen, Barrierefreiheit ist aber nicht verpflichtend vorgeschrieben. Viele Ärzt*innen wollen ausdrücklich nicht barrierefrei sein oder werden, weil sie Menschen mit Behinderung nicht behandeln wollen. Warum werden die Aufsichtsbehörden nicht aktiv? Was will die CDU tun, damit das Recht auf eine gleichberechtigte Gesundheitsversorgung umgesetzt wird? Wann wird Barrierefreiheit auch in der Privatwirtschaft vorgeschrieben?

Danke für Ihre Antwort und viele Grüße

Portrait von Dorothee Martin
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Hagemann,

vielen Dank für Ihre Nachricht und die von Ihnen gestellten Fragen.

In unserer Gesellschaft soll das tägliche Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen selbstverständlich werden. Zur Teilhabe gehören für uns die Mitentscheidung, Mitgestaltung und Mitverantwortung, kurz die Partizipation. Dazu muss neben besseren Chancen für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt auch der Zugang zur medizinischen Grundversorgung gewährleistet sein. Unser Ziel ist es die gesellschaftlichen Entwicklungen im Sinne von mehr Demokratisierung und Partizipation zu gestalten und inklusionsfreie Räume weitestgehend zu reduzieren.

Problematisch ist, dass Kommunen allerdings vielfach nicht die Mittel haben, um eine Barrierefreiheit in der Fläche umzusetzen. Darum brauchen wir ein Bundesprogramm Barrierefreiheit, das an vielen Stellen dort unterstützt, auch durch finanzielle Mittel, wo die Umsetzung stockt. Das Programm soll einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen in der Stadt und auf dem Land leisten. Dazu muss dann auch gehören einen Zugang zu verschiedensten Ärzt:innen zu schaffen, den es bisher so noch nicht gab. Denn eine zwingende gesetzliche Regelung, die auch bestehenden Praxen einen sofortigen Umbau hin zu einer inklusionsgerechten Gestaltung der Räumlichkeiten vorschreibt, erscheint isoliert betrachtet schwierig umzusetzen. Ich hoffe sehr, dass es zu einem Umdenken kommt, wenn hierfür Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Die Probleme die bei einer fehlenden Barrierefreiheit auftreten und die zwingend notwendige Sicherstellung der ambulanten Versorgung aller Menschen inklusive z.B. Rollstuhlfahrer:innen muss selbstverständlich werden. Dass dies in vielen Praxen nicht der Fall ist stellt einen Zustand dar, der dringend geändert werden muss. Die für die jeweiligen Länder zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen unterstehen zumeist den Sozial- oder Gesundheitsministerien. Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg untersteht der Aufsicht der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration.
Jedoch können Sie im Bundesland Hamburg bereits jetzt auf einen barrierefreien Ärzt:innen-Finder der KVH zugreifen, die in Zusammenarbeit mit der Patienten-Initiative e.V. seit 2016 in ihrem Projekt „Barrierefrei. Wir sind dabei.“ Praxen nach Ihrer Inklusionstauglichkeit im Rahmen der Barrierefreiheit erfasst und die gewonnenen Daten hier zur Verfügung stellt: https://planb.hamburg/#/ Auch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) verpflichtet alle Kassenärztlichen Vereinigungen Angaben zur Barrierefreiheit der Praxen publik zu machen. Auch dies ist ein wichtiger Schritt hin zur Barrierefreiheit, um ein Umdenken zu schaffen.

Hierdurch kann glücklicherweise bereits in ersten Ansätzen die Suche nach einer geeigneten Praxis für Patient:innen mit Behinderung wesentlich erleichtert werden.
Eine ähnliche Suchfunktion stellt auch das Bundesministerium für Arbeit- und Soziales bereit: https://www.einfach-teilhaben.de/DE/AS/Ratgeber/03_Arzt-Finder/Arztfinder_node.html
Im Rahmen der Entwicklung neuer Ideen und Tools wie des Besuchs einer digitalen Sprechstunde muss jenseits von einer analogen Barrierefreiheit deshalb auch bewusst die Entwicklung von barrierefreien Produkten im digitalen Raum vorangetrieben werden.
Ob ein Plan der CDU zur Umsetzung einer gleichberechtigten Gesundheitsversorgung existiert vermag ich Ihnen leider nicht mitzuteilen.

Mit freundlichen Grüßen

---
DOROTHEE MARTIN
Mitglied des Deutschen Bundestages

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Dorothee Martin
Dorothee Martin
SPD