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Dirk Heidenblut
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Frage von Florian L. •

Frage an Dirk Heidenblut von Florian L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Heidenblut,

§ 622 Abs. 2 S. 2 BGB regelt, dass die Zeiten der Beschäftigungsdauer in einem Arbeitsverhältnis, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, bei der Berechnung der Kündigungsfristen unberücksichtig bleiben.

Mit der Entscheidung des EuGH, Urteil vom 19.01.2010 - C-555/07 Kücükdeveci/Swedex GmbH (ABl. C Nr. 63 S. 4) wurde festgestellt, dass § 622 Abs. 2 S. 2 BGB wegen der Altersdiskriminierung die mit der Anwendung dieser Vorschrift einhergeht gegen europäisches Recht verstößt und deshalb nicht anzuwenden ist.

Aus dem Gesetzestext des Bürgerlichen Gesetzbuches ist dieser Umstand aber nicht ersichtlich, weil die Norm trotz Unanwendbarkeit unverändert im Gesetz enthalten ist. Dies führt doch dazu, dass betroffene Arbeitnehmer bei vorliegender Kündigung falsche (zu kurze) Kündigungsfristen hinnehmen und dadurch einen Schaden erleiden.

Meine Frage lautet also:
Weshalb ist der § 622 Abs. 2 S. 2 BGB selbst nach fast sieben Jahren nach dem o.g. EuGH-Urteil noch nicht entfernt worden?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

Mit den besten Grüßen und Wünschen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrtere Herr Lünsmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Die SPD hat auf die Entscheidung des Gerichts umgehend reagiert und bereits im Februar 2010 einen Gesetzentwurf vorgelegt.
Die SPD wollte und will, dass die Beschäftigungszeiten, die vor Vollendung des 25 Lebensjahres angefallen sind, bei der Berechnung der Kündigungsfrist berücksichtigt werden, der § 622 Abs. 2Satz 2 also gestrichen wird.

Leider ist über diesen Gesetzesentwurf bis zum heutigen Tag nicht abschließend entschieden worden. Die CDU hat angekündigt einen eigenen Entwurf vorzulegen, da sie mit der schlichten Streichung wohl nicht einverstanden ist. Bis Heute gab es in dem Punkt kein Fortkommen.

Die Entscheidung des EuGH, das zugleich angewiesen hat, dass die Rechtsnorm nicht mehr berücksichtigt werden darf, lässt aber aus unserer Sicht nur die vollständige Streichung zu. In strittigen Punkten ist es aber leider so, dass es in einer Koalition faktisch kein Fortkommen gibt. Da die Entscheidung des EuGH, was die Anwendbarkeit der Bestimmung angeht, eindeutig ist, dient die Streichung allerdings sowieso im Wesentlichen der Rechtsklarheit, materiell dürfte sich niemand mehr bei der Festlegung der Fristen auf den § berufen. Sie haben aber natürlich recht, leider prüft nicht jede/r die Fristen, oder kennt die Urteile, und genau deshalb wollen wir auch die Streichung erreichen.

Mit freundlichen Grüßen,
Dirk Heidenblut

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