Sehen Sie die Gefahr nicht, wenn man die AfD weiter gewähren ließe?
Sehr geehrter Herr Dr. Preisendanz,
seit Amtsantritt von Friedrich Merz hat die AfD bei den Umfragewerten stetig zugelegt. Die Unionsstrategie „Wir regieren sie weg“ oder „Wir stellen sie inhaltlich“ muss als gescheitert angesehen werden.
In einem rechtswissenschaftlichen Gutachten der Uni Köln vom 15. August 2025 von Prof. Dr. Markus Ogorek wird empfohlen, nicht mehr zu zögern und die Erstellung eines AfD-Verbotsantrags umgehend zu beginnen. Da sowohl die fachgerichtliche Überprüfung der Hochstufung als auch die Ausarbeitung eines Verbotsantrags erfahrungsgemäß mehrere Jahre in Anspruch nehmen, drängt sich ein Vorgehen parallel zum „guten Regieren“ auf.
Inzwischen ist sogar die Gefahr nicht mehr abwegig, dass die AfD als „Putins U-Boot“ in unseren Parlamenten agiert.
Sind Sie bereit, uns, ihre Wählerschaft mit einem AfD-Verbotsverfahren zu schützen oder wollen Sie lieber „noch abwarten“, bis die AfD in Regierungsverantwortung ist und die Demokratie nach ihren Wünschen zerstören ka
Sehr geehrte Frau D.,
um es klar zu sagen: Ich sehe in der AfD eine ernsthafte Gefahr für unser Land, allein schon durch das Ausmaß an Hetze, das von dieser Partei tagtäglich ausgeht. Sie richtet sich pauschal gegen Menschen mit Migrationshintergrund und sie richtet sich auch gegen die Institutionen, die unseren Staat tragen. Wie extrem die AfD inzwischen geworden ist, offenbart die Tatsache, dass Politiker wie Björn Höcke, dem seine Partei vor Jahren selbst noch eine „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus" attestiert hat, längst die geistig-strategische Führung in der AfD übernommen haben.
Für mich gilt, dass wenn wir es mit dem Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ernst meinen, ein Parteiverbot einer verfassungsfeindlichen Partei auch eine ernsthafte Option sein muss. Denn die Bundesrepublik Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie, in der das Grundgesetz die Bekämpfung von Parteien erlaubt, die unsere Freiheit beseitigen wollen.
Wir müssen uns dabei aber eines bewusst machen: Die Hürden für ein Parteiverbot sind in unserem demokratischen Rechtsstaat sehr hoch. Es genügt nicht, dass oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen oder abgelehnt werden. Die Partei muss vielmehr das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aktiv und planvoll beseitigen wollen. Hierfür müssen die Anhaltspunkte hieb- und stichfest sein. Denn es wäre fatal, wenn wir ein Verbotsverfahren anstrengen und dann vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern.
Was ich sagen will: Die juristischen Voraussetzungen decken sich nicht zwangsläufig mit der politischen Beurteilung des Sachverhalts. Was also politisch wünschenswert ist, ist juristisch nicht zwangsläufig durchsetzbar. Meine ehrliche Antwort lautet also: Vor einer politischen Festlegung, was die Frage eines AfD-Parteiverbotsverfahrens angeht, müssen für mich die juristischen Erfolgsaussichten geklärt sein. Auch die Justizministerin (SPD) hat sich zuletzt sehr zurückhaltend geäußert. In jedem Fall gilt es jetzt zunächst abzuwarten, ob überhaupt die besagte Einstufung der AfD durch den Bundesverfassungsschutz vor Gericht Bestand hat. Die Hochstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ ist bis dahin ausgesetzt.
Unabhängig davon: Wir müssen uns der politischen Auseinandersetzung stellen. Denn egal ob mit oder ohne Parteiverbot: Die Wählerinnen und Wähler der AfD bleiben. Es darf in der Diskussion über ein Verbotsverfahren deshalb nicht der Eindruck entstehen, die demokratischen Parteien würden sich nur einem missliebigen politischen Mitbewerber zu entledigen versuchen und den brennenden Themen und Sorgen ihrer Wählerinnen und Wähler entziehen. Als Demokraten sind wir zum Gegenteil verpflichtet: Mit Inhalten und Lösungen zu überzeugen!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
David Preisendanz
