Wie bewerten Sie die Verschleppung deutscher Staatsbürger:innen von der „Global Sumud Freedom Flotilla“ durch die israelische Marine in internationalen Gewässern?
Angesichts der humanitären Katastrophe in Gaza, die von mehreren internationalen Institutionen als möglicher Völkermord (Genozid) im Sinne der UN-Genozidkonvention bewertet wird, erscheint der Versuch, humanitäre Hilfe zu leisten, als moralisch geboten. Die UN-Untersuchungskommission (Bericht Sept 2025), B’Tselem, Amnesty International und Human Rights Watch dokumentieren, dass vier der fünf in Artikel II der Genozid-Konvention definierten Tatbestände – Tötung, schwere körperliche oder seelische Schäden, vorsätzlich zerstörte Lebensgrundlagen und unbewohnbare Bedingungen – erfüllt sein könnten. Der Internationale Gerichtshof (ICJ) stellte in South Africa v. Israel (26. Jan 2024) ein „ernstzunehmendes Risiko genozidaler Handlungen“ fest. Auch die International Association of Genocide Scholars (IAGS) und Forscher wie Amos Goldberg bezeichnen das Geschehen als genozidalen Prozess.
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Auch ich blicke mit großer Sorge auf die katastrophale humanitäre Lage in Gaza. Das Leid, der Hunger, das Sterben der Menschen nimmt immer weiter zu. Die Politik der Vertreibung und des Aushungerns in Gaza und die schleichende Annexion der Westbank ist ein gravierender Verstoß gegen das Völkerrecht. Genau wie die Bombardierung von Schiffen, welche Hilfsgüter transportieren.
Unser langfristiges Ziel, die friedliche Koexistenz zweier souveräner und lebensfähiger Staaten – Israel und Palästina – wird dadurch immer unwahrscheinlicher. Eine Entwicklung, die mich zutiefst erschüttert.
Es ist essenziell sichere und verlässliche Versorgungswege für Hilfsgüter zu schaffen. Nur wenn die regelmäßige und ausreichende Lieferung von Lebensmitteln, Wasser und medizinischer Hilfe gewährleistet ist, können riskante Aktionen bei denen Menschen sich selbst und andere in Gefahr bringen, vermieden werden. Aus diesem Grund hat Deutschland von der israelischen Regierung gefordert, die Hilfslieferungen in den Gazastreifen wieder zuzulassen. Die unternommenen Luftabsetzungen von Hilfsgütern im August über Gaza waren ein wichtiger zusätzlicher Beitrag.
Der Schutz der Zivilbevölkerung muss das oberste Ziel aller Bemühungen sein, vor welchem Hintergrund ich die Entscheidung von Bundeskanzler Merz begrüße, unserer Forderung zu folgen und bis auf Weiteres keine neuen Ausfuhren von Rüstungsexporten zu genehmigen, die im Gazastreifen eingesetzt werden können. Waffenlieferungen sind nach geltenden Exportbestimmungen stets genehmigungspflichtig und müssen im Einklang mit dem Völkerrecht stehen. Diese Maßnahme kann aber nur ein erster Schritt sein.
Des Weiteren machen wir als SPD-Bundestagfraktion deutlich, dass es damit nicht getan ist.
Der Waffenstillstand muss konsequent eingehalten, von beiden Seiten. Dafür braucht es alle diplomatischen Anstrengungen. Nur so kann weiteres Leid verhindert werden. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass es allen voran auf der Grundlage von diplomatischen Verhandlungen zur Waffenruhe gekommen ist, Geiseln freigekommen sind und das humanitäre Leid gelindert werden konnte. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gilt: Die Achtung des Völkerrechts und ein Ende der Gewalt stehen an erster Stelle. Der Schutz der Zivilbevölkerung muss oberstes Ziel aller Bemühungen sein.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Baldy

