Sind Sie für die Prüfung des AfD Verbotsantrages?
Sehr geehrter Herr Baldy,
Bitte unterstützen Sie den Antrag.
Danke!

Sehr geehrte Frau W.,
vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema AfD-Verbot und Ihr Engagement gegen Rechts.
Die AfD ist eine Gefahr für unsere Demokratie. Auch mir macht der Rechtsruck in unserer Gesellschaft große Sorgen.
Die AfD spaltet unser Land seit Jahren, befeuert Ängste und Hass und bietet keine konstruktiven Lösungen für irgendeines der Probleme, vor denen wir stehen. Und, noch viel gefährlicher: Sie stellt unsere Grundwerte in Frage und tritt unsere freiheitlich-demokratische Ordnung mit Füßen.
Wir als SPD erkennen deutlich, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Dies wird anhand einer Vielzahl von Äußerungen, auch von höchsten Vertreter:innen der Partei, deutlich.
Unsere Mütter und Väter des Grundgesetzes gaben uns, als Lehre aus der Zeit des Nationalsozialismus, Werkzeuge zum Schutz vor Verfassungsfeinden an die Hand. Das schärfste Schwert unseres Grundgesetzes, die Überprüfung der Verfassungskonformität von Parteien nach Artikel 21 Absatz 2, wurde nicht ohne Grund verfasst. Gleiches gilt für Artikel 18, der die Entziehung von bestimmten Rechten für Verfassungsfeinde regelt.
Für beides gilt: dies sind auch für mich legitime Mittel. Ich lehne Parteienverbote nicht grundsätzlich ab. Wenn die Voraussetzungen erfüllt werden, sollten diese Artikel auch angewendet werden.
Artikel 21 Absatz 2 kann nur angewendet werden, wenn eine Partei planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen will und gleichwohl die Mittel dazu besitzt, dass das Handeln erfolgreich sein kann. Eine aggressiv-kämpferische Grundhaltung gegenüber dem Grundgesetz muss dafür zweifelsfrei juristisch festgestellt werden. Diese muss nicht nur bei einzelnen Mitgliedern, sondern der Gesamtpartei vorherrschen und nachgewiesen werden.
Skandale, wie beispielsweise das bekannt gewordene konspirative Treffen unter Beteiligung von AfD-Mitgliedern in Potsdam, bei dem rassistische „Remigrationspläne“ geschmiedet wurden, oder die Spionagevorwürfe gegen AfD-Politiker schockieren und offenbaren abermals die verfassungsfeindliche Haltung der AfD. Dennoch haben die vergangenen Parteiverbotsverfahren gezeigt, dass das Bundesverfassungsgericht strengste Maßstäbe bei der Bewertung der Verfassungswidrigkeit einer Partei anlegt.
Aktuell stehe ich einem Prüfantrag vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) skeptisch gegenüber. Die Landesämter für Verfassungsschutz und auch das Bundesamt für Verfassungsschutz müssten die Beweislage für ein Prüfverfahren liefern. Abgesehen von Georg Maier in Thüringen hat sich aber bisher noch kein:e Landesinnenminister:in für ein Prüfverfahren ausgesprochen. Das signalisiert mir, dass dort noch große Skepsis herrscht, dass ein Verfahren Aussicht auf Erfolg hat.
Ursprünglich hatte der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, noch für dieses Jahr angekündigt, eine erneute Begutachtung der AfD durchführen zu lassen. Diese Neubewertung wird jedoch aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl verschoben.
Ich gehe davon aus, dass das Ergebnis der Einstufung „gesichert rechtsextrem“ sein wird. Damit würden auch neue Möglichkeiten der Nachrichtendienste einhergehen. Eine solche Hochstufung und daraus folgende Erkenntnisgewinne werden die Chancen auf ein Verbot durch das BVerfG erhöhen.
Ebenso wie Olaf Scholz, würde auch ich deswegen gerne die Einschätzung des Bundesverfassungsschutzes abwarten. Liegt diese vor, werde ich meine derzeit ablehnende Position zu einem Prüfantrag überdenken.
Der vorliegende Gruppenantrag wurde in der vergangenen Sitzungswoche in erster Lesung beraten, also nicht final abgestimmt.
Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag ist von einer gründlichen und finalen Befassung mit entsprechenden Anträgen in dieser Wahlperiode nicht mehr auszugehen. Für einen Beschlussantrag, mit dem sofort über einen Verbotsantrag des Deutschen Bundestages entschieden werden soll, ist nach heutigem Stand eine Mehrheit im Plenum absolut nicht zu erwarten, da die Fraktionen CDU/CSU und FDP jegliche Unterstützung dieses Vorhabens zum jetzigen Zeitpunkt mit wenigen Ausnahmen ausgeschlossen haben. Ohnehin könnte ein solcher Beschlussantrag den neuen Bundestag nicht binden (Diskontinuität; für Näheres siehe: https://verfassungsblog.de/das-afd-verbot-in-der-sackgasse). Der Antrag auf ein Verbot der AfD müsste bis zum Zusammentritt des neuen Bundestages Ende März 2025 beim Bundesverfassungsgericht eingehen. Dies ist in der Kürze der Zeit jedoch nicht mehr zu erwarten, da allein die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten und die Erstellung einer ordnungsgemäß begründeten Antragsschrift mehrere Monate in Anspruch nehmen wird. Deshalb sollte sich der Deutsche Bundestag in der kommenden Wahlperiode mit den neuen Erkenntnissen und Einschätzungen der zuständigen Behörden zeitnah auseinandersetzen und einen entsprechenden Antrag beraten.
Auch ein erfolgreiches Verbot der AfD – solch ein Verfahren würde sich wohlgemerkt über mehrere Jahre ziehen –, könnte die dahinter liegende Probleme nicht lösen. Ich denke deswegen, dass wir viel umfassender handeln müssen.
Wir sehen aktuell, dass die AfD auch in Bundesländern, in denen sie als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird, von Wähler:innen nicht kritischer betrachtet bzw. weniger gewählt wird – ganz im Gegenteil. Gerade bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen im September konnte die AfD große Erfolge erziehen, obwohl sie in beiden Bundesländern als gesichert rechtsextrem gilt. Hinter den Wahlergebnissens stecken schließlich Menschen, die einer solch hasserfüllten Partei ihre Stimme gegeben haben.
Ein Parteiverbot löst dieses Problem aber nicht nachhaltig - die Wähler:innen können sich anderen extremistischen Parteien zuwenden oder auch außerhalb der Parteien radikalisieren. Deswegen müssen wir auch über ein mögliches Prüfverfahren hinaus wir Gesicht und Haltung zeigen, noch stärker auf Bildung und zivilgesellschaftliche Initiativen setzten und Präventionsarbeit leisten, um unsere Demokratie zu stärken.
Für mich steht – egal wie man sich in der Frage eines Prüfverfahrens positioniert – glasklar fest: Echte Demokrat:innen bekämpfen die AfD politisch – im Parlament wie auf der Straße.
Mit der AfD wird nicht kooperiert und erst recht nicht wird mit ihr abgestimmt.
Was wir am 29. Januar im Bundestag erlebt haben, bestürzt mich und macht mich wütend.
Merz und seine CDU/CSU-Fraktion legten einen Antrag vor, mit dem sich den Anschlag von Aschaffenburg zu parteipolitischen Wahlkampfspielchen missbrauchten. Mit ihrem 5-Punkte-Plan fordern sie nicht nur eine Isolation Deutschlands in Europa, sondern auch den Bruch europäischen Rechts.
Um sich Mehrheiten zu beschaffen, paktierte Merz nicht nur mit der FDP, sondern auch mit der AfD.
Merz und die Union stimmten gemeinsam mit Rechtsextremisten ab.
Es ist einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik, dass eine demokratische Partei Mehrheiten mit Rechtsextremisten sucht und mit ihnen gemeinsame Politik macht.
Merz wirft damit einen Grundkonsens zwischen den demokratischen Fraktionen über Bord. Er legitimiert damit die politischen Forderungen der verfassungsfeindlichen AfD. Das schadet unserer Demokratie massiv.
Mir blieb dazu ein Satz unseres Kanzlers Olaf Scholz bei seiner Rede im Bundestag besonders im Kopf: „Seit Gründung der Bundesrepublik vor über 75 Jahren gab es immer einen klaren Konsens bei allen Demokrat:innen: In unseren Parlamenten machen wir mit extremen Rechten nicht gemeinsame Sache! Sie haben diesen Grundkonsens unserer Republik im Affekt aufgekündigt.“
Das ist nicht nur ein Dammbruch – sondern auch ein Wortbruch von Merz. Schließlich versprach er in den vergangenen Monaten mehr als ein Mal, unter keinen Umständen Anträge in den Bundestag einzubringen, zu dessen Durchsetzung er auf eine Mitarbeit der AfD angewiesen wäre. Dieses Versprechen an die Wähler:innen hat er gebrochen.
Merz Verhalten entspricht nicht den Ansprüchen, die wir an einen Kanzlerkandidaten stellen sollten.
Durch ihre Zusammenarbeit mit der AfD wenden sich CDU/CSU und FDP von unseren demokratischen Werten ab.
Das muss Konsequenzen haben. Ich werbe daher dafür, am 23. Februar für eine Partei zu stimmen, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes steht und unsere Demokratie gegen ihre Feinde verteidigt.
Eine Stimme für die SPD ist immer auch eine Stimme für Demokratie.
Das war bereits 1933 der Fall, als die SPD-Abgeordneten gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz stimmten. Und auch jetzt, wo unsere Demokratie so stark wie noch nie seit der NS-Diktatur unter Beschuss steht, werden wir für sie einstehen und sie verteidigen.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Baldy