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Claudia Tausend
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Frage von Markus M. •

Frage an Claudia Tausend von Markus M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Tausend,

ich beziehe mich auf die SPD-Diskussionsveranstaltung zur Flüchtlingsfrage mit Ihnen gestern (28. Oktober) im Wirtshaus-Isartal.

Das GG und die Prinzipien unserer Gesellschaft sind ein System konkurrierender Werte, die je nach Situation auch im (scharfen) Widerspruch stehen können und austariert werden müssen.

Gestern fragte ein Zuschauer (sinngemäß), was D tun könne, um die anderen EU-Staaten dazu zu zwingen, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Sie, Frau Tausend, wiesen darauf hin, dass außer D fast kein Land (25:3?) dazu bereit sei. Eine EU-Volksabstimmung zwischen der derzeitgen Haltung Deutschlands und einer restriktiveren Haltung würde also vermutlich deutlich für mehr Begrenzung ausfallen. Das wäre das Demokratieprinzip.

Nehmen wir ein anderes Prinzip dazu, die universellen Menschenrechte. Aufgrund dieses Prinzips könnte die EU - trotz eines Votums in die andere Richtung - die Aufnahme von mehr Flüchtlingen befürworten.

Dies ist ein Beispiel für einen der vielen Widersprüche in unseren Prinzipien, die immer austariert werden müssen.

Dazu meine Fragen:

(a) Sehen Sie das GG und die Prinzipien unserer Gesellschaft auch als System konkurrierender und potenziell widersprüchlicher Werte an (zugegeben rhetorisch, aber in vielen Diskussionen wird das nicht zugelassen)?

(b) Glaube Sie, dass wir jetzt (Ende Okt 2015) in der Flüchtlingsfrage eine Situation haben, die so neu ist, dass wir solche Widersprüche neu austarieren müssen (konkret etwa mehr Maßnahmen zur Begrenzung des Zustroms, was immer das genau heißt)?

(c) Wenn wir jetzt nichts tun - könnte eine solche Situation sehr bald in 2016 eintreten?

(d) Sind beim Neu-Austarieren GG Art.16 und die Genfer Flüchtlingskonvention in der jetzigen Auslegung (absolut keine Obergrenze) und auf Dauer unverhandelbar?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Michaelis,

Vielen Dank für Ihre Fragen.

Es freut mich sehr, dass Sie die Gelegenheit genutzt haben die Podiumsdiskussion zur Flüchtlingspolitik zu besuchen.
Mit Bürgermeisterin Christine Strobl, Herrn Driessen von der IHK, Monika Steinhauser vom Münchner Flüchtlingsrat und mir haben wir versucht die ganze Bandbreite des Themas abzudecken und ich denke die Veranstaltung war mit ca. 200 Gästen eine großer Erfolg.

Nun zur Ihren Fragen.

Ich denke nicht, dass in Bezug auf die gegenwertige Flüchtlingssituation ein unauflöslicher Widerspruch von Werten besteht.
Das Grundgesetz garantiert das Grundrecht auf Asyl und die Genfer Flüchtlingskonvention ist ein bindender völkerrechtlicher Vertrag. An beiden darf in der Tat aus meiner Sicht nicht gerüttelt werden.
Maßnahmen um den Flüchtlingszuzug zu verlangsamen dürfen keine Zäune sein, sondern es muss die Situation in den Flüchtlingslagern rund um Syrien verbessert werden.
Außerdem müssen neue Aufnahmekapazitäten in- und außerhalb Europas geschaffen werden. Diejenigen die bis nach Europa flüchten, müssen auf die unterschiedlichen Mitgliedsstaaten verteilt werden.
Um eine solche Lösung zu erreichen, muss Deutschland weiterhin viel Überzeugungsarbeit leisten und mit gutem Beispiel voran gehen.

Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen zufriedenstellend beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Claudia Tausend

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