Sehr geehrte Frau Bünger, wie ist Ihre Haltung im Bezug auf die Chatkontrolle und sofern ablehnend: was werden Sie tun, dass es nicht dazu kommt? Danke im Voraus für Ihre Antwort.

Vielen Dank für Ihre Frage! Die geplante CSA-Verordnung stellt eine enorme Gefahr für die Freiheitsrechte dar und übersteigt jegliche bisherige staatlich verordnete Überwachung in der EU.
Das massenhafte Scannen privater Kommunikation, selbst wenn es nur um die Erkennung bekannter Darstellungen von CSAM (Child Sexual Abuse Material) geht, ist kein wirksamer oder verhältnismäßiger Ansatz. Es erfordert das Durchsuchen verschlüsselter Messenger wie Signal, Threema oder WhatsApp und wird weitereichende Überwachung ermöglichen. Um dies zu ermöglichen, müssten Sicherheitslücken in die Kommunikationssysteme eingebaut werden, was die IT-Sicherheit insgesamt schwächt und die Privatsphäre von Millionen Menschen verletzt. Eine KI, die kaum seriös zwischen sexualisierter Gewalt und alterstypischer Sexualentwicklung unterscheiden kann, würde auf sensible private Inhalte losgelassen. Gewalt mit Überwachung und Repression bekämpfen zu wollen, war schon immer der falsche Ansatz. Es gibt so viele bessere Möglichkeiten!
Es ist ärgerlich, dass angeblicher Kinderschutz vorgeschoben wird, um Überwachungspakete durchzudrücken, mutmaßlich befeuert durch Lobbyismus. Die Ablehnung der sogenannten Chatkontrolle durch Wissenschaftler*innen, Zivilgesellschaft und den Kinderschutzbund ist eindeutig. Die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags haben sie als weder geeignet, angemessen, erforderlich noch verhältnismäßig bewertet. Die Position der Bundesregierung ist jetzt entscheidend, da die Sperrminorität im EU-Rat von Deutschland abhängt. Sie muss sich ihrer Verantwortung stellen und gegen die Verordnung positionieren.
Die dänische Ratspräsidentschaft berät am 14.10.2025 über eine allgemeine Ausrichtung des Rates. Danach würde das Vorhaben in den schwer beeinflussbaren Trilog übergehen und wohlmöglich umgesetzt werden. Die Verordnung muss jetzt gestoppt werden!
Wir, Die Linke im Bundestag, werden weiterhin entschlossene Kritik üben und parlamentarische Möglichkeiten prüfen, wie einen Antrag nach Art. 23 Grundgesetz, um die Bundesregierung zur Ablehnung aufzufordern. Gleichzeitig fordern wir wirksame Alternativen zum Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt. Dazu gehören:
1. Tatsächliche Bekämpfung von Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern (z.B. "Löschen statt Sperren")
2. Aufklärung und digitale Bildung, Ausbau digitaler Kinder- und Jugendarbeit
3. Mehr Ressourcen für Kinder- und Jugendschutz (Jugendämter, Kinder- und Jugendhilfe)
4. Konsequente Haftung der Plattformkonzerne bei Verstößen gegen Kinderschutzauflagen (z.B. gemäß Artikel 28 DSA)
5. Die Stärkung sicherer digitaler Räume durch die EU-Kinderschutzrichtlinie und ein wirkungsvolles Gesetz gegen digitale Gewalt
Dafür werden wir uns mit voller Kraft einsetzen.