Guten Tag Herr Dr. Pantazis, ich möchte wissen wesshalb wir in der Bundesrepublik nicht einen quasi Kopie der Transplantationsgesetze aus Singapur haben können.
Eine vernünftige Lösung. Jeder muss, man kann sich dagegen entscheiden und muss die Konsequenzen tragen, sprich dann auch ganz hinten in der Schlange stehen, bzw. liegen.

Sehr geehrter Herr J.,
vielen Dank für Ihren Hinweis auf Singapur. Dort gilt seit Jahren die Opt-out-Regel nach dem Human Organ Transplant Act (HOTA): Wer nicht aktiv widerspricht, gilt als Spenderin/Spender (u. a. für Herz, Leber, Nieren, Hornhaut). Wer widerspricht, erhält im Fall einer eigenen Transplantationsbedürftigkeit eine niedrigere Priorität.
In Deutschland gilt hingegen die Entscheidungslösung: Eine Organentnahme ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung zulässig - dokumentiert z. B. im Organspendeausweis, in einer Patientenverfügung oder im seit März 2024 verfügbaren Organspende-Register.
Zur Organvergabe: In Deutschland (über Eurotransplant) werden Organe nach medizinischer Dringlichkeit, Erfolgsaussicht, Wartezeit, Kompatibilität und weiteren fachlichen Kriterien vermittelt - nicht nach der persönlichen Spendenentscheidung. Eine "Sanktionslogik" wie in Singapur ist bei uns nicht vorgesehen.
Fakt ist: Wir haben zu wenig Spender:innen in Deutschland, auch im internationalen Vergleich. Wir importieren mehr. Das müssen wir ändern.
Ich spreche mich aber für eine Widerspruchslösung aus. In der vergangenen Wahlperiode wurde ein fraktionsübergreifender Gesetzentwurf zur Widerspruchsregel beraten, den ich mitunterzeichnet habe; mit dem vorzeitigen Ende der Legislaturperiode endete das Verfahren. Eine Prioritätsminderung für Widersprechende war darin ausdrücklich nicht enthalten.
Entscheidend für mehr Transplantationen sind neben klaren Regeln funktionierende Klinikprozesse, starke Transplantationsbeauftragte, gute Aufklärung und ein nutzerfreundliches Register. Trotz zahlreicher Maßnahmen ist eine Trendwende bei den Spendezahlen noch nicht erreicht; weitere gemeinsame Anstrengungen sind nötig. Zusätzlich liegen Vorschläge zur Weiterentwicklung des Transplantationsgesetzes vor, u. a. zur Stärkung der Lebendspende-Strukturen.
Meine Position: Ich setze mich dafür ein, die Spendenzahlen deutlich zu erhöhen und zugleich die Selbstbestimmung zu wahren. Eine deutsche Widerspruchsregel in Verbindung mit dem Organspende-Register kann ein wichtiger Schritt sein. Eine Benachteiligung von Menschen, die widersprechen, bei der Organvergabe lehne ich ab - die Vergabe muss sich weiter strikt an medizinischen Kriterien orientieren.
Vielen Dank für Ihre engagierte Frage und den Link!