Lohnt sich Arbeit in Deutschland wirklich, oder beruht die Bürgergeldreform auf falschen Annahmen, die Erwerbstätige und Leistungsbeziehende gegeneinander ausspielen?
Sehr geehrter Herr Ramelow,
ich habe für Paderborn mal gegenuebergestellt verschiedene Konstellationen Arbeit versus Buergergeld:
Single als Mieter: Bürgergeld ca. 1.100 € (Regelbedarf + Wohnen + Heizung). Arbeitnehmer im Mindestlohn: 1.500 € netto + 400 € Rentenbeiträge = +800 € Vorteil.
Vierköpfige Familie: Bürgergeld ca. 2.900 €. Alleinverdiener: 2.400 € netto + 500 € Kindergeld + 429 € Wohngeld + 580 € Rentenbeiträge = 3.900 € → +1.000 € Vorteil.
Sechsköpfige Familie: Bürgergeld ca. 4.217 €. Alleinverdiener (4.500 € brutto): 3.217 € netto + 1.000 € Kindergeld + 464 € Wohngeld + 840 € Rentenbeiträge = 5.500 € → +1.250 € Vorteil.
Es schient somit klar zu sein, dass Arbeit sich lohnt.
Wie bewerten Sie diese Zahlen – halten Sie die Reformbegründung für sachlich gerechtfertigt oder für eine politisch zugespitzte Darstellung, die Gruppen gegeneinanderstellt?

Die von Ihnen aufgeführten Rechenbeispiele verdeutlichen eindrucksvoll, dass sich Erwerbsarbeit in Deutschland nach wie vor lohnt, sowohl im monatlich verfügbaren Einkommen als auch durch die langfristige Absicherung über Renten- und Sozialleistungen. Umso bedauerlicher ist es, dass in der politischen Debatte häufig der Eindruck entsteht, Arbeit und Bürgergeld stünden in einem ungerechten Verhältnis. Dabei greifen beide Elemente ineinander: Erwerbstätigkeit und soziale Sicherung sind keine Gegensätze, sondern bilden gemeinsam das Fundament unseres Sozialstaats.
Wenn der öffentliche Blick jedoch zu stark auf vermeintliche Gegensätze zwischen Erwerbstätigen und Leistungsbeziehenden verengt wird, geraten die eigentlichen Aufgaben aus dem Fokus: faire Entlohnung, bezahlbarer Wohnraum und eine wirksame Bekämpfung von Armut. Eine solche Verkürzung der Debatte droht, gesellschaftliche Spannungen zu verstärken, anstatt Lösungen zu fördern.