Was hindert die SPD daran, die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen zu fordern bei gleichzeitiger Maximierung der gesetzl. Rente? Starke Schultern sollten doch mehr tragen als schwache!

Sehr geehrter Herr K.,
herzlichen Dank für Ihre Frage vom 26. Mai zur Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen zu Gunsten der gesetzlichen Rente, die ich Ihnen gerne beantworte. Vorab: Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, dass „starke Schultern“ mehr tragen sollten „als schwache“.
Grundsätzlich ist es so, dass wir Sozialdemokraten die Beitragsbemessungsgrenzen der Sozialversicherungssysteme bereits seit langem kritisch sehen, wie diverse Anträge von SPD-Gliederungen bei SPD-Parteitagen seit mindestens 10 Jahren beweisen. In Schleswig-Holstein haben wir beispielsweise schon auf dem Landesparteitag 2015 einen Antrag an den Landesparteivorstand überwiesen, in dem wir festgehalten haben, dass eine gänzliche Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze geprüft werden solle. In jüngster Vergangenheit haben wir dann auf dem Bundesparteitag 2023 einen Antrag an den Parteivorstand überwiesen, der die allgemeine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenzen als einen maßgeblichen Schritt auf dem Weg in die Lohngerechtigkeit innerhalb von Belegschaften gefordert hat. Auf dem Bundesparteitag im Januar dieses Jahres haben wir zusätzlich einen Antrag an den Parteivorstand mit der Forderung überwiesen, die Beitragsbemessungsgrenze für die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufzuheben, wobei die daraus erwachsenen Leistungsansprüche degressiv abgeflacht werden sollen. Das bedeutet, dass oberhalb eines noch festzulegenden hohen Jahreseinkommens die mit den Beiträgen verbundenen Rentenanwartschaften unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht mehr im Verhältnis 1:1 ansteigen würden.
In den diversen Koalitionen, die die SPD in den letzten 20 Jahren auf Bundesebene zur Übernahme von Regierungsverantwortung eingegangen ist, waren aber stets die Verhandlungen zu diesem Thema mit den Koalitionspartnern von CDU/CSU oder FDP immer ein „No-Go“. Darum war es ein Erfolg, dass wir immerhin erreichen konnten, dass die Beitragsbemessungsgrenze für die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung jedes Jahr an die Entwicklung der Einkommen angepasst werden muss, um die soziale Absicherung stabil zu halten, was nur dank der „Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung“ unseres ehemaligen Arbeits- und Sozialministers Hubertus Heil möglich wurde und absolut richtig war. Insofern gelang es, dass die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Januar dieses Jahres sehr deutlich um monatlich 500 Euro gegenüber 2024 auf 8.050 Euro (brutto) im Monat – also 96.600 Euro pro Jahr – angehoben worden ist.
Übrigens wäre eine Erhöhung der Einnahmen der Rentenversicherung auch dadurch zu erreichen, dass Abgeordnete, Beamte und Selbstständige ebenfalls zu Beitragszahlern werden, was unsere neue Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas erst kürzlich öffentlich in die Diskussion gebracht hat. Denkbar wäre außerdem eine Erhöhung der gesetzlichen Renteneinnahmen durch die Einbeziehung von Nicht-Arbeitseinkommen, wie Mieteinnahmen, Zinsen oder Dividenden. Wir Sozialdemokraten werden solche Vorschläge selbstverständlich in die demnächst zu begründende Rentenkommission des Bundes einbringen, die im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU beschlossen wurde, aber zur Wahrheit gehört natürlich, dass sich gegen solche Schritte Konservative und Liberale leider immer gewehrt haben und stattdessen stets die Erhöhung des Rentenalters über 67 Jahre hinaus ins Spiel bringen, was mit uns Sozialdemokraten definitiv nicht zu machen sein wird. Deshalb bleibt es dabei: Je stärker die SPD ist, desto größer ist unsere Chance, die sozialen Sicherungssysteme inklusive der Rente noch gerechter und stabiler zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn