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Beate Müller-Gemmeke
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Frage von Andreas J. •

Frage an Beate Müller-Gemmeke von Andreas J. bezüglich Innere Sicherheit

Liebe Beate Müller-Gemmeke,
Sind sie dafür, daß Deutschland Flugzeugen, die an einem nicht von der UNO gedeckten Angriffskrieg (hier gegen Syrien) beteiligt sind, die Überflugrechte verweigert?
Quelle:
http://www.tagesschau.de/ausland/syrien3032.html

Danke für Ihre Mühe
und einen freundlichen Tag
Herzliche Grüße aus MÜNSINGEN
Andreas Jannek

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Herr Jannek,
aus grüner Sicht braucht ein militärisches Eingreifen immer ein UNO-Mandat. Alles andere ist nicht akzeptabel und Deutschland dürfte dies in keiner Form unterstützen. Viel wichtiger erscheint mir derzeit aber, wie die Situation in Syrien einzuschätzen ist und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind.
Klar ist, dass erst einmal die Untersuchungen der UN-Inspektoren abgeschlossen werden müssen. Wenn tatsächlich Chemiewaffen von den Regierungstruppen eingesetzt wurden, muss das volle Programm der politischen, nicht-militärischen Maßnahmen ergriffen werden. Konkret bedeutet das: eine eindeutige Verurteilung Assads durch einen Beschluss der UN-Vollversammlung, Verschärfung der Sanktionen, Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof und Erhöhung des Drucks auf Russland und China. Es muss also eine Menge getan werden – und zwar jenseits militärischer Maßnahmen. Auch wenn dadurch der Konflikt nicht grundsätzlich gelöst werden kann - diese Maßnahmen könnten aber vielleicht bewirken, dass die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch kommen, um einen Kompromiss zu verhandeln. Das muss das Ziel sein.
Natürlich gibt es auch das Konzept der internationalen Schutzverantwortung, der „responsibility to protect“. Dies besagt, dass die Zivilbevölkerung, insbesondere Frauen und Kinder, einen besonderen Schutz in bewaffneten Konflikten erhalten. Zu diesem besonderen Schutz gehört, dass der Einsatz von Chemiewaffen prinzipiell geächtet wird und auf Verstöße von der internationalen Staatengemeinschaft auch reagiert werden kann. Die "responsibility to protect" erfordert aber, die Frage zu stellen, wie die unschuldige Zivilbevölkerung vor Massakern geschützt werden kann. Friedensethisch kann es Situationen geben, die einen begrenzten Einsatz von Gewalt notwendig machen, um größeres Blutvergießen zu verhindern. Die Situation in Syrien stellt sich aber aus meiner Sicht anders da. Ich sehe keine militärische Option, mit der Menschenleben gerettet werden könnten. Es ist eher zu befürchten, dass es durch militärisches Eingreifen zu noch mehr Opfern kommen wird. Es besteht also die Gefahr, dass eine Intervention mit militärischen Mitteln womöglich zur weiteren Destabilisierung der Region beiträgt.
Entscheidend und wichtig ist, dass die humanitäre Hilfe drastisch erhöht wird. Die Hilfsgelder für die Menschen in Syrien und auch für die vielen Flüchtlinge müssen aufgestockt werden. Die Unterstützung ziviler Infrastruktur in den Gebieten Syriens, aus denen sich das Assad-Regime zurückgezogen hat, muss erheblich ausgebaut werden. Die Anrainerstaaten brauchen mehr Unterstützung bei der Bewältigung der Flüchtlingskatastrophe, damit nicht auch sie noch weiter destabilisiert werden. Dazu müssen auch Deutschland und die anderen Staaten der EU viel mehr Flüchtlinge als bislang aufnehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Beate Müller-Gemmeke

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