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Bärbel Bas
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Frage von Gerd B. •

Frage an Bärbel Bas von Gerd B. bezüglich Gesundheit

Werden Sie im Rahmen der zu ziehenden Lehren aus der Coronakrise auch der Öffentlichkeit erklären, warum das Expertenszenario "Ausbruch eines bisher unbekannten Virus" für die Bundesregierung 2012 keine Beachtung fand ?
Lag das Szenario damals dem Gesundheitsausschuss vor ?
Wie lief die Entscheidung auf Regierungs -und Kontrollebene ?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Blickhan,

die Risikoanalyse „Pandemie“ der Bundesregierung aus dem Jahr 2012 wurde vor dem Hintergrund des gesetzlichen Auftrages des Bundes zur Durchführung von Risikoanalysen im Bevölkerungsschutz erarbeitet (§ 18 Absatz 1 Satz 1 Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz des Bundes). Die Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz auf Bundesebene dient der vorsorglichen Beschäftigung mit möglichen bundesweit relevanten Gefahren und den zu erwartenden Auswirkungen auf die Bevölkerung, ihre Lebensgrundlagen und die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland. Ihre Ergebnisse sollen als Informations- und Entscheidungsgrundlage dienen und somit eine risiko- und bedarfsorientierte Vorsorge- und Abwehrplanung im Zivil- und Katastrophenschutz ermöglichen.

Für die Durchführung der Risikoanalyse „Pandemie“ wurden 2011 ein Lenkungsausschuss der Bundesressorts (koordiniert durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat) sowie ein Arbeitskreis von Geschäftsbereichsbehörden (koordiniert durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) eingerichtet. Der Lenkungsausschuss bestimmt die als bundesrelevant erachteten Ereignisse. Für diese erarbeitet der Arbeitskreis hypothetische Szenarien, die jedoch auf plausiblen und wissenschaftlich fundierten Annahmen basieren und anhand derer die Gefahren analysiert werden können. Die Szenarien stellen dementsprechend keine Prognose oder Vorhersage eines Ereignisses dar, sondern beschreiben einen möglichen fiktiven Ereignisverlauf eines denkbaren Extremereignisses (im internationalen Sprachgebrauch als „reasonable worst case“ bezeichnet).

Bei dem analysierten Pandemieszenario aus dem Jahr 2012 handelt es sich um ein solches hypothetisches Szenario, das einen hypothetischen Verlauf einer Pandemie in Deutschland beschreibt. Der damals modellierte Pandemie-Verlauf erfolgte durch die fachlich federführende Behörde, das Robert-Koch-Institut (RKI).

Der nationale Pandemieplan wurde nach Aussage des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe auch nach Durchführung der Risikoanalyse 2012 unter Einbeziehung dieser Ergebnisse weiter überarbeitet. Der aktuelle Pandemieplan und unser Kampf gegen die jetzige Corona-Lage gründen aber nicht nur auf der Risikoanalyse „Pandemie“ von 2012, sondern auch auf den aktuellen Bewertungsgrundlagen und Handlungsoptionen des Robert Koch-Instituts.

Im Moment tun wir alles, um die bestehenden Schwierigkeiten zu lösen und Patientinnen und Patienten bestmöglich zu versorgen. Im am 25. März verabschiedeten "Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" haben wir das Bundesgesundheitsministerium aber auch dazu verpflichtet, bis 31. März 2021 einen Bericht über die beschlossenen Maßnahmen und den Umgang mit dem Coronavirus vorzulegen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird der Bundestag alle Aspekte dieser Krise umfassend, auch öffentlich, aufarbeiten. Wir müssen darüber diskutieren, ob der Pandemieplan die notwendigen Maßnahmen vorgesehen hat, ob die Umsetzung dieser Maßnahmen ausreichend geschult wurde und ob notwendige Vorbereitungsmaßnahmen getroffen wurden.

Dabei müssen wir sicher auch die Frage beantworten, ob der Risikoanalyse „Pandemie“ die notwendige Aufmerksamkeit gegeben wurde. Der "Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012", in dem die Risikoanalyse enthalten ist, wurde am 1. Februar 2013 nach § 80 Abs. 3 GO ohne Behandlung im Bundestag an den Innenausschuss (federführend) und den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit überwiesen. Am 14. Juni 2013 wurde im Bundestagsprotokoll festgehalten, dass der Innenausschuss von einer Berichterstattung abgesehen hat. Der Gesundheitsausschuss war nicht beteiligt.

Unabhängig von den Ergebnissen dieser Aufarbeitung steht für mich aber bereits fest, dass wir sowohl bei der Produktion von Arzneimitteln als auch bei der von Schutzkleidung unabhängiger vom Weltmarkt werden müssen und Produktionskapazitäten in Deutschland und Europa aufbauen und sicherstellen müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas

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