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Axel Knoerig
CDU
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Frage von Alexander T. •

Frage an Axel Knoerig von Alexander T. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Knoerig,

die TTIP-Dokumente dürfen MdBs nur unter strengen Auflagen einsehen:

Im Logbuch müssen Sie u.a. bestätigen, dass Sie akzeptieren, dass Ihnen mit der Gewährung von Zugang zu TTIP-Schriftstücken ein besonderes Vertrauen entgegengebracht wird. Und wer trotzdem Informationen offenlegt, muß "disziplinarische und/oder rechtliche Maßnahmen" fürchten. Ein Smartphone ist untersagt, zudem muss ein "Sicherheitsbeamter" während der gesamten Dauer Ihres Besuches anwesend sein.

Sie dürfen also nur unter Aufsicht etwas - ganz offenbar - geheimes lesen und nicht darüber sprechen. TTIP wird ebenfalls im geheimen verhandelt.

Bekannt ist, dass TTIP auf das Leben aller Europäer sehr großen Einfluß haben wird. Wenn etwas, dass für unser Land uns ganz Europa von großer Bedeutung ist, verstört es, wenn es alles vor seinen Bürgern verborgen sein soll (oder muß?).

Meine Fragen:
- wie ist dieses Verfahren in Ihren Augen mit demokratischen Grundlagen vereinbar?
- haben Sie sich mit TTIP vertraut gemacht?
- wollen Sie TTIP unter diesen Voraussetzungen zustimmen?

Herzliche Grüße sendet Ihnen

Alexander Thalhammer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Thalhammer,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 1. März 2016 zum Thema Transparenz beim Freihandelsabkommen TTIP.

Vorab möchte ich deutlich machen, dass die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ein hohes Interesse an einer Beteiligung und Mitbestimmung am Freihandelsabkommen hat. Bereits im September 2014 wurde eine Arbeitsgruppe zu TTIP gebildet. Darin beraten und diskutieren wir seither zu den verschiedenen Themenbereichen von TTIP unter Einbeziehung von Vertretern der relevanten gesellschaftlichen Organisationen und Institutionen sowie der Wirtschaft.

Auch im Plenum sowie im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages, indem ich als Berichterstatter für die digitale Wirtschaft Mitglied bin, beschäftigen wir uns mit den Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP. Die inhaltliche Transparenz der Verhandlungsdokumente wurde von verschiedenen Seiten immer wieder thematisiert. Aus diesem Grund wurde auf Drängen Deutschlands der TTIP-Leseraum nach einer Vereinbarung zwischen dem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und dem Bundes-wirtschaftsministerium eingerichtet.

Auch ich hatte bereits die Möglichkeit, Einsicht in die TTIP-Verhandlungsdokumente zu nehmen, genutzt. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass ich mit der Einsichtnahme in die vertraulichen Verhandlungsdokumente, den Nutzungs-modalitäten des TTIP-Leseraums zugestimmt habe. Deshalb kann ich keine Inhalte der Dokumente offenlegen oder sonstige Auskünfte zu den Verhandlungsvorschlägen machen.

Die TTIP-Verhandlungen haben mit der Einrichtung des Leseraums inzwischen einen Grad an Transparenz erreicht, wie es bei keinem der zahlreichen EU-Handelsabkommen in der Vergangenheit jemals erreicht worden ist. Zwischen der Europäischen Union und anderen Ländern bestehen bereits über 40 Freihandelsabkommen, die weitgehend ohne öffentliche Teilhabe beschlossen wurden. Anstatt also nun die Bedingungen im TTIP-Leseraum zu diskutieren, sollten wir uns inhaltlich mit dem Freihandelsabkommen auseinandersetzen.
Was bei der ganzen Diskussion um TTIP und seiner Leseräume beachtet werden muss, ist, dass die Verhandlungsmacht bei der EU-Kommission liegt und nicht auf der nationalen Ebene. Denn bei Handelsfragen in der Europäischen Union gilt, dass die EU-Kommission die Verhandlungshoheit hat. Somit ist formell deshalb die Generaldirektion Handel in der EU-Kommission auf europäischer Seite die Verhandlungsführerin, an die die EU-Mitgliedsstaaten ihre Forderungen und Umsetzungsziele richten können.

Fest steht, die EU-Kommission ist an das Verhandlungsmandat gebunden, das ihr im Juni 2013 die EU-Mitgliedsstaaten übertragen haben. Auf nationaler Ebene kann dies über die Bundesregierung und das Bundeswirtschaftsministerium geschehen. Zusätzlich hat die EU-Kommission mit dem sogenannten Stakeholder-Forum ein Beratungs-gremium gegründet, das zwischen den einzelnen TTIP-Verhandlungsrunden stattfindet und bei dem sich Branchenverbände und insbesondere auch die Zivilgesellschaft beteiligen kann.

Darüber hinaus informiert die EU-Kommission regelmäßig das Europäische Parlament sowie die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, in diesem Falle die Bundesregierung, über den Verhandlungsprozess. Die Bundesregierung setzt ihrerseits den Deutschen Bundestag in Kenntnis. Zudem berichtet die EU-Handelskommissarin regelmäßig im Wirtschaftsausschuss über die Verhandlungsstände. Damit und vor dem Hintergrund des eingerichteten TTIP-Leseraums ist gewährleistet, dass alle demokratisch legitimierten Institutionen über aktuelle Entwicklungen bei den Verhandlungen informiert sind.

Zusätzlich werden die nationalen Parlamente auch bei der Ratifizierung eingebunden, da es sich bei TTIP aller Voraussicht nach um ein „gemischtes Abkommen“ handelt. Danach tritt das TTIP-Abkommen nach Abschluss der Verhandlungen nur dann vollständig in Kraft, wenn das Europäische Parlament, die nationalen Parlamente sowie die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten zugestimmt haben. Dadurch ist auch eine umfassende parlamentarische Kontrolle sichergestellt.

Die Einrichtung der TTIP-Leseräume ist auch vor dem Hintergrund der Ratifizierung ein Erfolg, weil die interessierten Abgeordneten sich ein Bild über die Entstehung und Verhandlungsvorschläge machen können. Im weiteren Verlauf werden wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion das TTIP-Abkommen weiterhin in unterschiedlichen Formaten konstruktiv begleiten und einen breiten Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern, der EU-Kommission, der Bundesregierung, der Wirtschaft, Tarif- und Sozialpartnern sowie Forschungseinrichtungen und NGOs führen. Im Ergebnis wird TTIP nur gelingen, wenn eine breite Öffentlichkeit das transatlantische Freihandelsabkommen unter-stützt.

Mit freundlichen Grüßen

Axel Knoerig MdB

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