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Frage von Barbara U. •

Frage an Andreas Dressel von Barbara U. bezüglich Recht

Alle Parteien beklagen sich über zunehmende Kinder- u. Jugendgewalt, aber die Politiker handeln kaum.

Warum wird nichts für straffällige Kinder getan und deren Eltern so wenig geholfen. Kinder sind mit Vollendung des 7. Lebensjahres deliktfähig, aber nicht strafmündig.Sie können von kriminellen Erwachsenen dahingehend missbraucht werden, indem man sie als „Werkzeuge“ für Straftaten benutzt, weil man sie nicht bestrafen kann. Kinder aus Familien, die mangels Bildung oder aus anderen Gründen sich nicht oder nur mangelhaft um die Interessen ihres Kindes kümmern, erhalten über Versäumnisurteile Schuldtitel, die sämtliche Zukunftsperspektiven zerstören.

Warum gibt es keine Kinder- u. Jugendgerichtshilfe, die sich um diese Kinder kümmert und dafür sorgt, dass ab einer bestimmten Schadenhöhe grundsätzlich PKH erteilt wird.

Minderjährige sind mit Vollendung des 14. Lebensjahres strafmündig und können, auch in Abwesenheit oder gegen den Widerspruch der Eltern von der Polizei vernommen werden. Zivilrechtlich sind Minderjährige beschränkt geschäftsfähig und dürfen nur im Rahmen ihres Taschengelds eigenverantwortlich handeln. Ratenverträge oder weitergehende Rechtsgeschäfte Minderjährige nur mit Zustimmung ihres/ihrer gesetzlichen Vertreter abschließen. (Das ist auch gut so!)

Warum dürfen Minderjährige in Abwesenheit ihrer gesetzlichen Vertreter Aussagen treffen, wo es um Schadenssummen von Tausende oder Hunderttausende geht? Solche Gesetze greifen ohne Richterspruch in das elterliche Vertretungsrecht ein und verhindern, dass schon im vorrichterlichen Ermittlungsverfahren ein Anwalt hinzugezogen werden kann. Ich glaube, dass ein 16Jähriger eher die Folgen eines Comic- Abos überblicken kann als eine gesamtschuldnerische Haftung von 20.000€ oder mehr.

Warum kann man aus dem Bußgeldfond nicht den TOA subventionieren, damit Opfer und Geschädigte wenigstens mit finanziellen Hilfen Material oder andere Auslagen erstattet werden.

Wenn das Jugendstrafrecht ein Erziehungsmittel sein soll und es nicht im gewünschten Maße greift, sollte man dann nicht darüber nachdenken, woran es liegen könnte und neue Wege gehen?

B. Uduwerella

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Uduwerella,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Zum Thema zunehmende Kinder- und Jugendgewalt und der Präventionspolitik möchte ich auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion Jugendkriminalität und Präventionspolitik (Drucksache 18/1844) verweisen. Dort sind die aktuellen Zahlen aus dem Bereich Jugendkriminalität und die Maßnahmen hinsichtlich der aktuellen Präventionspolitik detailliert dargestellt. Die Antwort des Senates ist unter http://www.hamburgische-buergerschaft.de veröffentlicht.

Die Ursachen von Kriminalität sollten - da gebe ich ihnen Recht – über mehr Bildung und ein größeres Bildungsangebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene bekämpft werden. Vor diesem Hintergrund kritisiert die SPD-Fraktion auch die Kürzungen des Senates in diesem Bereich. Die Gebührenflut, die auf Kinder und Eltern zukommt, beispielhaft möchte ich nur die Gebühren für Schulbücher, Vorschule und Schwimmunterricht sowie die Erhöhung der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung nennen, ist nicht vertretbar. Gerade vor dem Hintergrund der Pisa-Studie, die besagt, dass die Integration vorangetrieben werden muss und höhere Investitionen in Bildung erforderlich sind, werden hier langfristig Chancen verspielt.

Zu ihrer Frage nach PKH für Kinder- und Jugendliche möchte ich für den Bereich zivilrechtlicher Streitigkeiten auf die §§ 114 ff. ZPO verweisen, in denen die PKH geregelt ist. Die PKH steht grundsätzlich auch Kindern und Jugendlichen zu und bemisst sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Prozesspartei. Diese für die Kinder und Jugendlichen in Anspruch zu nehmen, ist zunächst einmal Aufgabe der gesetzlichen Vertreter. Damit wird sichergestellt, dass in Deutschland jeder, auch wenn er dazu persönlich wirtschaftlich nicht in Lage sein sollte, Rechtsschutz bekommen kann.

Hinsichtlich ihrer Frage nach der unterschiedlichen Handhabe von Vertragsrecht und Deliktsrecht möchte ich auf die unterschiedlichen Schutzrichtungen der Vorschriften hinweisen. Im Vertragsrecht kommt es auf die Zustimmung der Eltern an, während im Deliktsrecht auf die Einsichtsfähigkeit der Kinder und Jugendlichen abgestellt. Deswegen differenziert das Gesetz im Deliktsrecht auch zwischen Kindern unter sieben Jahren, Kindern bis zu zehn Jahren und Jugendlichen unter 18 Jahren. Selbst ein 16-Jähriger ist, wenn er bei Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Kenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat, für einen Schaden nicht verantwortlich. Die gesamtschuldnerische Haftung des § 840 BGB dient hingegen der Beweißerleichterung und der Sicherung des Anspruchs des Geschädigten. Ich halte das für gerecht. Es kann nicht sein, dass der Geschädigte seinen Schaden nicht ersetzt bekommt, weil er dem einzelnen aus einer Gruppe heraus sein Tun nicht nachweisen kann. Für solche Schäden einen Bußgeldfond einzurichten, solche Schäden mithin von der Allgemeinheit finanzieren zu lassen, halte ich für problematisch. Dabei sei die schlechte Finanzlage der öffentlichen Kassen nur am Rande erwähnt.

Der Ersatz solcher Schäden hat direkt nichts mit Jugendstrafrecht zu tun, sondern dient der Wiederherstellung des Gutes des Geschädigten. Das Strafrecht sanktioniert darüber hinaus beispielsweise noch die Sachbeschädigung. Als Strafzwecke lassen sich der staatlichen Schuldausgleich, Prävention, Resozialisierung des Täters und Vergeltung für begangenes Unrecht nennen, wobei im Jugendstrafrecht die Entwicklung des jugendlichen Täters besondere Berücksichtigung erfährt. Inwieweit man kurzfristig zu Verbesserungen im Bereich des Jugendstrafrechts kommen kann, ist eine Überlegung wert. Hier stehe ich für Vorschläge und Anregungen gerne zur Verfügung. Die Gesetzgebungskompetenz, dass sei abschließend noch gesagt, liegt in diesem Berech jedoch beim Bund; Hamburg kann hier über den Bundesrat aktiv werden - das sollten wir überlegen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Dressel, MdHB