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Amira Mohamed Ali
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Frage von Hedwig H. •

Frage an Amira Mohamed Ali von Hedwig H. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Ali,

in Ihrer Funktion als Verbraucherin und Parlamentarierin frage ich Sie, ob in Arzneien, Therapeutika etc. die Verwendung von menschlichen Körperbestandteilen (Geweben) ausdrücklich gekennzeichnet ist bzw. gekennzeichnet werden muss?
Die Menschheit bewies seit jeher bizarren Erfindungsreichtum, auch was die Verarbeitung der Körper anging, so dieser Artikel in der Welt https://www.welt.de/geschichte/article192138161/Todesstrafe-Fett-von-Hingerichteten-begehrtes-Mittel-gegen-Rheuma.html .

"..den Delinquenten beispielsweise nach ihrem Tod Körperfett entnommen. Es galt, wie der Historiker Peter Schuster in seiner „Geschichte des Tötens“ über „Verbrecher, Opfer, Heilige“ schreibt, als „wirksames Mittel gegen Rheuma und Hautkrankheiten“. In die gleiche Kategorie fallen Essenzen aus „Schädelmoos“, wozu etwa Haare und Fingernägel gerechnet wurden. Auch den Händen Hingerichteter schrieb man magische Wirkungen zu. Diebe führten die mit Salz und Urin konservierten Extremitäten bei sich, um sozusagen wie von Zauberhand Türen zu öffnen."

Ich möchte unter keinen Umständen mit irgendwelchen heutigen Therapeutika oder Medikamenten etc. in Berührung kommen, die aus Menschen hergestellt wurden. Nicht nur aus ethisch, moralischen Gründen lehne ich eine Therapie damit kategorisch ab. Ich halte sie auch generell für potentiell lebensbedrohlich, wie der aktuelle Fall einer mehrfach tödlich verlaufenden Stuhltransplantation zeigt https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/usa-patient-stirbt-nach-stuhltransplantation-a-1272958.html

Gibt es eine Onlinedatenbank über die Informationen dazu abgerufen werden können?
Müssen Mediziner den Patienten auf diese Dinge hinweisen bzw. ist eine gesetzliche Hinweispflicht von Ihrer Seite aus geplant?
Werden in Ihrem Wahlkreis Medizinprodukte aus Menschen hergestellt?

Besten Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Hedwig Huber

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Sehr geehrte Frau H.,

vielen Dank für die wirklich interessante Frage! Als „Arzneimittel menschlichen Ursprungs“ werden in Deutschland grundsätzlich Gewebetransplantate bezeichnet. Diese werden unter anderem aus Knochen, Knochenmark, der Haut oder Teilen der Fruchtblase gewonnen. Nach einer Aufbereitung entstehen daraus zum Beispiel Knochentransplantate oder Membran zur Wundbehandlung. Häufig wird auch die Hornhaut des Auges übertragen.

Die Entnahme, Aufbereitung und Verwendung solcher Transplantate sind in Deutschland streng reguliert. Insbesondere das Arzneimittelgesetz, das Gewebegesetz und das Transplantationsgesetz finden hier Anwendung.

Zunächst einmal ist die Zustimmung des Spenders erforderlich. Zum Beispiel durch den Organspendeausweis. Man kann auch zu Lebzeiten Gewebe spenden. Zum Beispiel den verschlissenen und nicht mehr benötigten Hüftkopf bei einer Hüftgelenk-OP. Daraus kann nach Aufbereitung ein Knochentransplantat gewonnen werden und einem anderen Menschen helfen.

Zu Ihren Fragen:

„Gibt es eine Onlinedatenbank über die Informationen dazu abgerufen werden können?“

Die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) und das Deutsche Institut für Zell- und Gewebeersatz (DIZG) informieren umfassend darüber welche „Arzneimittel menschlichen Ursprungs“ in Deutschland Anwendung finden.

„Müssen Mediziner den Patienten auf diese Dinge hinweisen bzw. ist eine gesetzliche Hinweispflicht von Ihrer Seite aus geplant?“

Bei den Transplantationen handelt es sich um höchst individuelle Eingriffe. Mediziner sollten nach §630e BGB ihre Patienten auf die Risiken, die eine Übertragung menschlichen Gewebes mit sich bringen kann (Abstoßung des Transplantats), aufklären.

„Werden in Ihrem Wahlkreis Medizinprodukte aus Menschen hergestellt?“

In meinem Wahlkreis gibt es mehrere große Klinken. In einer davon werden seit 2018 Transplantationen der Augenhornhaut vorgenommen. Sicher ist auch die Spende weiterer Gewebeteile möglich. Inwieweit hier eine Aufbereitung zu anderen Transplantaten stattfindet ist mir nicht bekannt. An dieser Stelle möchte ich nochmal auf die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) verweisen, die mit dem besagten Klinikum zusammenarbeitet.

Mit freundlichen Grüßen
Amira Mohamed Ali, MdB

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