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Adis Ahmetović
SPD
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Frage von Hans-Jürgen W. •

Wie ist Ihre Einstellung zu der drohenden Hungerkatastrophe im Gazastreifen ?

Wie ist Ihre Einstellung zu der drohenden Hungerkatastrophe im Gazastreifen ?

Sehr geehrter Herr Ahmetovic,

nach der taz vom 02.05.2025 11.41 Uhr ist eine seit zwei Monaten andauernde Totalblockade durch Israel geschehen.

Währenddessen verhandelt der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag über ­Israels Pflicht, humanitäre Hilfe für die gut zwei Millionen Bewohner des Küstenstreifens zuzulassen. In dieser Woche finden die Anhörungen dazu statt, denen Israel fernbleibt. Mehr als 40 Staaten haben Stellungnahmen angekündigt. Als wichtigster Verbündeter stellen sich die USA hinter Israel, das nicht mehr mit dem UN-Palästinahilfswerk Unrwa in Gaza zusammenarbeiten will. Viele andere Staaten üben harsche Kritik an der Abriegelung des Küstenstreifens.

Wie sehen Sie diese doch sehr dramatische Lage?

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Jürgen W.

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Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur drohenden Hungerskatastrophe im Gazastreifen. Die aktuellen Entwicklungen sind besorgniserregend und polarisieren auch immer stärker die Gesellschaft in unserem Land. 

Aufgrund des Holocausts hat Deutschland eine immerwährende Verantwortung für die Sicherheit des Staates Israel und den Schutz jüdischen Lebens. Deutschland und Israel verbindet nicht zuletzt aus der historischen Verantwortung heraus ein besonderes Verhältnis. Über die Jahre wurden wir zu einem bedeutenden diplomatischen Partner mit engen Verflechtungen. 

Dennoch werden wir als Freunde und Verbündete nicht weggucken: Wir sind solidarisch mit dem Staat Israel, werden aber deutlich unsere Meinung sagen, wenn durch die israelische Regierung das Völkerrecht missachtet wird. Bezüglich der aktuellen katastrophalen Lage in Gaza werden wir daher alle diplomatischen Instrumente nutzen, um die israelische Regierung von ihrem aktuellen Vorgehen abzubringen. 

Zweifellos war der Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung vor rund 1,5 Jahren eine Zäsur. Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung, dies rechtfertigt aber in keinster Weise die Inkaufnahme des Hungers und Leids hunderttausender Unschuldiger. 

Israel ist klar dem Humanitären Völkerrecht verpflichtet. Seit Anfang März blockiert Israel jedoch humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen, zugleich nehmen die Kampfhandlungen an Intensität zu. Die militärische Operation der israelischen Regierung lehnen wir ab. 

Aus diesem Grund hat Deutschland gemeinsam mit 21 anderen Außenministern in und außerhalb der EU klar und unmissverständlich erklärt, dass die humanitären Grundsätze für jeden Konflikt überall auf der Welt von Bedeutung sind und konsequent in jedem Kriegsgebiet Anwendung finden müssen. Das bedeutet, Zivilistinnen und Zivilisten zu schützen. 

Israel wird in der gemeinsamen Erklärung aufgefordert, es den VN und den humanitären Organisationen zu ermöglichen, unabhängig und unparteiisch ihre Arbeit zu verrichten, um Leben zu retten, das Leid zu lindern und die Würde der Menschen zu wahren.

Das unerträgliche humanitäre Leid der palästinensischen Bevölkerung muss dringend beendet werden und mit sofortiger Wirkung die vollständige Wiederaufnahme der Hilfslieferungen gewährleistet werden. Eine Verknappung der Hilfsmittel, wie sie die israelische Regierung vornimmt, verstößt gegen das Völkerrecht. Darüber hinaus lehnen wir völkerrechtswidrige Vertreibungen im Gaza-Streifen und den Bau von Siedlungen in den palästinensischen Gebieten in Ost-Jerusalem und in der Westbank klar ab.

Hier anschließend begrüße ich die Ankündigung unseres Außenministers, Dr. Johann Wadephul (CDU), deutsche Waffenexporte nach Israel vor dem Hintergrund der Einhaltung des Humanitären Völkerrechts auf den Prüfstand zu stellen. Aus Deutschland gelieferte Rüstungsgüter dürfen nicht für völkerrechtswidrige Militäraktionen eingesetzt werden. 

Zudem müssen die derzeit noch von der Hamas festgehaltenen Geiseln unverzüglich frei gelassen und eine sofortige Waffenruhe erzielt werden, die als Basis für einen stabilen Waffenstillstand dient. Es müssen alle an der Umsetzung der Zweistaaten-Lösung arbeiten, da dies der einzige Weg ist, um dauerhaften Frieden und Sicherheit zu erreichen und langfristige Stabilität in der Region zu gewährleisten. 

Als neu gewählter Außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion werde ich im Rahmen meiner Möglichkeiten alles dafür tun, dass das Humanitäre Völkerrecht wieder Anwendung findet.

Ich danke Ihnen für Ihr Engagement, das in Ihrem Schreiben zum Ausdruck kommt. 

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin 

Adis Ahmetović, MdB

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