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Frage von Rudolf G. •

Frage an Wolfgang Tiefensee von Rudolf G. bezüglich Recht

Sehr geehrte Herr Tiefensee,

beim Vorstand der SPD ist ein Antrag auf Einrichtung eines Arbeitskreises "Laizistinnen und Laizisten in der SPD - Für die Trennung von Staat und Religion" gestellt worden. Dem hat ihr Parteivorsitzender Herr Gabriel bereits wenig Chancen auf Zustimmung eingeräumt und die Verwendung der Bezeichnung "SPD" auf deren Internetseite untersagt.

Angesichts der ständig wachsenden Anzahl von Konfessionslosen in der Bundesrepublik (immerhin bereits über 34%), die einer Subventionierung der christlichen Kirchen auch aus ihren Steuerzahlungen sehr kritisch gegenüber steht:

Welche Position vertreten Sie zu einem Arbeitskreis "Laizistinnen und Laizisten in der SPD"? Werden Sie der Gründung zustimmen?

Könnten Sie sich vorstellen, dort mitzuarbeiten?

Sind Sie der Meinung, die staatlichen Kirchensubventionen sollten (in Zeiten der Sparvorhaben auf breiter Front) gestrichen oder gekürzt werden oder betrachten Sie sie als "heilige Kühe", die nicht angetastet werden sollten?

Falls Sie eine Gründung des Arbeitskreises ablehnen: werden Sie dann auch darauf drängen, dass die Arbeitskreise Christinnen und Christen und Jüdischer Sozialdemokratinnen und -demokraten geschlossen werden?

Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Großklaus

Portrait von Wolfgang Tiefensee
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Großklaus,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 13. November 2010.

Ich persönlich sehe keinen Handlungsbedarf und daher auch keinen Anlass, sich in der SPD mit dem Thema "Weitergehende Trennung von Staat und Kirche" auseinanderzusetzen.

Zur näheren Information habe ich Ihnen jedoch den Standpunkt des SPD-Parteivorstands beigefügt:

In der Sozialdemokratie arbeiten Menschen zusammen, die aus verschiedenen Glaubens- und Denkrichtungen kommen und auf der Basis verbindender Werte - allen voran Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität - gemeinsame politische Ziele verfolgen. Kurt Schumacher hat dieses "Prinzip SPD" 1945 in die Worte gefasst: "Mag der Geist des kommunistischen Manifests oder der Geist der Bergpredigt, mögen die Erkenntnisse rationalistischen und sonst irgendwelchen philosophischen Denkens ihn bestimmt haben, oder mögen es Motive der Moral sein, für jeden ist Platz in unserer Partei".

Wer für die Grundwerte der Sozialdemokratie, wer für eine sozial gerechtere Gesellschaft Politik machen will, ist in der SPD willkommen, und zwar unabhängig von seiner Herkunft, seiner Religion, seiner weltanschaulicher Prägung. Das ist das Markenzeichen der SPD. Genau darin ist die SPD auch eine wirkliche Volkspartei, weil sie die Pluralität der Gesellschaft in ihren Reihen widerspiegelt.

Selbstverständlich können deshalb Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Humanisten, Agnostiker, Atheisten sein, und sie können auch eine laizistische Position vertreten. Eine Gruppierung, die auf eine grundsätzliche Veränderung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaften abzielt, kann auch in der SPD für ein solches Ziel werben. Dazu braucht es aber keinen eigenen Arbeitskreis. Das sollte in den vorhandenen Gremien geschehen.

Die Unterstützungen für die Kirchen sind ganz unterschiedlicher Natur. Kirchliche Schulen, Kindergärten, Bildungseinrichtungen, diakonische Einrichtungen oder Krankenhäuser zum Beispiel übernehmen Aufgaben, die ansonsten der Staat erledigen müsste. Hier unterstützt also die Kirche den Staat, nicht umgekehrt. Der überträgt nicht-hoheitliche Aufgaben auch nicht nur auf die Kirchen, sondern ebenso auf freie Wohlfahrtsverbände, zivilgesellschaftliche Organisationen und Vereinigungen, aber auch auf andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Dadurch entsteht ein breites Angebot. Für ihren jeweiligen Beitrag erhalten diese Träger zu Recht finanzielle Unterstützung.

Etwas anderes sind die Staatsleistungen an die Kirchen, die aus vertraglichen Verpflichtungen aufgrund von Enteignungen durch die Säkularisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts folgen. Hier ist durchaus zu überlegen, ob und in welcher Form sie abgelöst werden können. Beide großen Kirchen haben hier ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Bei den AK Christinnen und Christen und Jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten handelt es sich - im Vergleich zu den Laizistinnen und Kaizisten - um verschiedene Dinge. Die Aktiven im AK Christinnen und Christen in der SPD sowie im AK Jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten vermitteln sozialdemokratische Positionen in die Kirchen und in das Judentum hinein und umgekehrt christliche und jüdische Anliegen in die SPD. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu dem geplanten Arbeitskreis der sozialdemokratischen Laizistinnen und Laizisten. Der Gruppe geht es um einen klar formulierten Forderungskatalog mit wesentlichen Änderungen im Staats-Kirchen-Verhältnis, den sie mithilfe der Partei in der Gesellschaft durchsetzen will.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Wolfgang Tiefensee