Sind Sie der Auffassung, dass es Behörden erlaubt sein sollte, über "wahr" oder "falsch" zu entscheiden - auf welcher rechtlichen Grundlage auch immer?
Sehr geehrte Frau Mertens, die Eu hat mit ihrem gegen Russland gerichteten letzten Sanktionspaket erstmals auch Sanktionen gegen deutsche Staatsbürger verhängt, die die Grundrechte der Betroffenen auf eine Weise außer Kraft setzen, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Dass es sich bei den betroffenen "Journalisten" - auch nach meinem Urteil - um Kreml-Propagandisten der übelsten Sorte handelt, darf uns nicht davon abhalten, uns mit ihnen zu solidarisieren, wenn uns das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, wenn uns überhaupt Grundrechte noch etwas bedeuten: Wenn es möglich ist, per EU-Verwaltungsakt derartig einschneidende Maßnahmen gegen Einzelpersonen zu verhängen, wenn wir es zulassen, dass Behörden nicht nur darüber befinden, was wahr und falsch ist, sondern sich unter Umgehung grundgesetzlicher Garantien anschicken, Existenzen zu vernichten, geht uns das alle an, vollkommen unabhängig davon, welche Haltungen wir jeweils zum Russland-Ukraine-Konflikt einnehmen.
Zu konkreten Einzelfällen der EU-Sanktionspolitik kann und möchte ich mich nicht äußern. Diese Maßnahmen beruhen auf einem europäischen Rechtsrahmen, für dessen Anwendung die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten zuständig sind.
Grundsätzlich halte ich es jedoch für wichtig, dass die Europäische Union weiterhin entschieden gegen die Auswirkungen und die Einflussnahme des russischen Regimes vorgeht. Ziel der EU-Sanktionspolitik ist es, den Druck auf das Putin-Regime zu erhöhen und dessen Fähigkeit zur Fortführung des Angriffskriegs gegen die Ukraine zu schwächen.
Sind deutsche oder europäische Bürger von Sanktionen betroffen, stehen ihnen grundsätzlich die rechtlichen Möglichkeiten unseres europäischen und nationalen Rechtssystems offen, um gegen solche Maßnahmen vorzugehen.

