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Ute Finckh-Krämer
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Frage von Sahia M. •

Frage an Ute Finckh-Krämer von Sahia M. bezüglich Innere Sicherheit

Nein, so schaffen wir das nicht!

Im Frühstücksfernsehen am 22.8. wurde von der Polizeiarbeit am Kotti berichtet. Insbesondere Asylbewerber aus Nordafrika fallen dort als Drogenhändler auf, ganz offen. Die Zahl ist in der letzten Zeit dramatisch gestiegen. Am schlimmsten: Wie diese Asylbewerber Polizeibeamte angehen, beleidigen, beschimpfen, ich frage Sie, wo ist hier Merkels „wir schaffen das?“. Ich denke, es gibt ein Rückführungsabkommen mit diesen Ländern? Wieso funktioniert das nicht?

Gleiches Thema im Morgenmagazin, 21.8. Dort wurde über Flüchtlinge in Paris berichte, wie Frankreich sich gegen Flüchtlinge abschottet. Stimmt es, das Deutschland 2015 mehr Flüchtlinge aufgenommen hat, als alle anderen Länder der EU zusammen? Wenn ja, läuft etwas in der EU und vor allem bei uns falsch! In der Sendung wurden Flüchtlinge, junge Männeraus Afghanistan gezeigt, die 6 Jahre in Deutschland waren, bevor sie endlich mit abgelehntem Asylantrag abgeschoben wurden. 6 Jahre, so lange haben sie Geld von uns bezogen. Bitte sagen Sie mir ehrlich, klingt dies nach „wir schaffen das?“

Ich habe das Gefühl, die ganzen groß angekündigten Gesetze um die Flüchtlingszahlen zu reduzieren haben nicht richtig gewirkt, sie sind nur Schow. Was sagen Sie, wo sind denn Erfolge, wenn jetzt immer mehr Flüchtlinge aus Afrika über Frankreich und die Schweiz zu uns kommen?

Echt sauer und Tschüß

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Ich weiß über das, was im Fernsehen gezeigt wird, auch nicht mehr als Sie. In sofern kann ich die Berichte nicht kommentieren, weil ich nicht weiß, wie korrekt da berichtet wird. Was ich weiß, ist, dass viele afrikanische Staaten keine funktionierenden Meldesysteme haben und manche auch kein gesteigertes Interesse daran, Staatsbürger, die im eigenen Land arbeitslos waren, zeitnah wieder aufzunehmen. Vor allem, wenn - was in manchen Regionen Afrikas der Fall ist - die Staatsbürgerschaft strittig ist, weil die Familie ursprünglich aus einem Nachbarland stammt. Die Rückführung funktioniert gut bei den Balkanstaaten, die einigermaßen funktionierende Meldewesen haben und bei den nordafrikanischen Staaten außer im Bürgerkriegsland Libyen. Was ich ebenfalls weiß, ist, dass auch Menschen, die im Asylverfahren sind, früher nach 15 Monaten, seit zwei Jahren nach vier Monaten eine Arbeit aufnehmen durften. In sofern können Sie auch dann, wenn ein Asylverfahren 6 Jahre dauert, nicht schließen, dass der Betreffende 6 Jahre lang von Sozialleistungen gelebt hat.

Die europäische Statistikbehörde Eurostat führt Statistiken über Asylanträge und über anerkannte Asylbewerber: http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Asylum_statistics/de Über subsidiären Schutz (den es gar nicht in allen EU-Staaten gibt) oder Duldungen wegen Abschiebehindernissen wird dort keine Statistik geführt. In sofern kann ich Ihre diesbezügliche Frage nicht beantworten. Es trifft vermutlich zu, dass Deutschland einen großen Teil der 2014 bis 2016 aus Syrien nach Europa gekommenen Flüchtlinge aufgenommen hat. Dabei muss man aber bedenken, dass Deutschland das größte EU-Land ist und wirtschaftlich gut dasteht. Insbesondere ist unsere Arbeitslosenrate viel geringer als die der südeuropäischen Länder und wir haben durch die gute wirtschaftliche Situation Jahr für Jahr steigende Steuereinnahmen. Aus den Eurostat-Zahlen geht übrigens auch nicht hervor, wie viele Flüchtlinge nach Ablehnung ihres Asylantrags wieder freiwillig ausgereist sind.

Da seit Frühjahr 2016 die Versorgung der syrischen und irakischen Flüchtlinge in der Region (insbesondere Jordanien, Libanon und der Türkei) durch internationale Anstrengungen (zu denen Deutschland einen erheblichen Beitrag geleistet hat) deutlich verbessert wurde, versuchen von dort nicht mehr annähernd so viele Menschen in Richtung Europa weiter zu fliehen wie vor zwei Jahren. Außerdem hatten wir - das wird heute kaum mehr diskutiert - 2015 eine große Zahl von Flüchtlingen aus Balkanländern, insbesondere aus dem Kosovo und aus Albanien. Deren Asylverfahren wurden zügig abgewickelt (was für kompliziertere Asylverfahren wie die von Afghanen eine weitere Verzögerung bedeutete), und viele davon sind inzwischen freiwillig wieder ausgereist oder abgeschoben worden. In Berlin haben wir seit über einem halben Jahr die Situation, dass etwa gleich viele Flüchtlinge die Stadt (und damit meistens auch Deutschland) verlassen wie neu ankommen. Deswegen konnten auch die meisten Notunterkünfte inzwischen geschlossen werden. Für ganz Deutschland wird für dieses Jahr mit unter 200.000 neu ankommenden Flüchtlingen gerechnet.

Die Zahl der über Frankreich und die Schweiz nach Deutschland kommenden Flüchtlinge aus Afrika ist nach wie vor deutlich geringer als die Flüchtlingszahlen von 2015. Es wäre wichtig, dass die EU Italien hilft, die Flüchtlinge aufzunehmen und ihre Asylverfahren zügig durchzuführen. Leider scheinen die meisten europäischen Staaten das nicht als vordringlich anzusehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Finckh-Krämer