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Frage von Tobias K. •

Frage an Ulla Jelpke von Tobias K. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Jelpke,

Mir ist bekannt das Sie sich seit Jahren für die Rechte von Flüchtlingen einsetzen. Vielen Dank für diesen Einsatz. Aus aktuellem Anlass bitte ich sie Stellung zu folgendem Thema zu beziehen:

1989 wurde das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention) durch die Vereinten Nationen verabschiedet. In der Kinderrechtskonvention sind persönliche, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Grundsätze zum Schutz von Kindern festgehalten, nach denen Kinder das Recht haben, in Sicherheit und ohne Diskriminierung zu leben.

185 Staaten haben die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert, Deutschland am 05.04.1992, jedoch mit einer Vorbehaltserklärung. Dadurch ist das Kindeswohl nachrangig zum deutschen Ausländerrecht, die Kinderrechtskonvention wird für nichtdeutsche Kinder somit außer Kraft gesetzt. Bereits 1998 hat sich die Bundesregierung zur Rücknahme der Vorbehaltserklärung in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet. Bis heute ist dies nicht geschehen.

Anlässlich des Tags der Kinderrechte am 20.11.08 wird daher ein breites Bündnis rund um die Jugendkonferenz der „Jugendlichen Ohne Grenzen“ (JOG) u.a. für die volle Umsetzung der UN-Kinderrechte demonstrieren und sich
mit dieser Forderung an die parallel stattfindende Innenministerkonferenz in Potsdam wenden. (www.jogspace.net)

1. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Vorbehaltserklärung nach 16 Jahren endlich zurückgenommen wird und die UN-Kinderrechte voll umgesetzt sowie ins Grundgesetz aufgenommen werden?

2. Auf welche Art und Weise werden Sie und Ihre Fraktion insbesondere bei den Landesinnenministern für dieses Anliegen werben und die jungen Flüchtlinge von JOG in ihren Forderungen unterstützen?

viele Grüße und danke für Ihre Aufmerksamkeit,
Tobias Klaus

Portrait von Ulla Jelpke
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Klaus,

Die Fraktion DIE LINKE. hat bereits im April dieses Jahres einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der sich differenziert mit dem Problem des Vorbehalts gegen die UN-Kinderrechtskonvention auseinandersetzt (16/8885). Darin fordert die Fraktion einerseits, den asyl- bzw. ausländerrechtlichen Vorbehalt zurückzunehmen. Andererseits wird eine ganze Reihe konkreter Maßnahmen gefordert, die den Vorbehalt inhaltlich überflüssig machen. Denn allein die Rücknahme des Vorbehalts wird sich nicht unmittelbar auf die faktische rechtliche Situation auswirken.
Nach den Erfahrungen unserer Fraktion in dieser und auch in vergangenen Wahlperioden reden sich die Bundesregierungen - egal welcher parteippolitischen Schattierung - regelmäßig darauf hinaus, die Rücknahme des asyl- bzw. ausländerrechtlichen Vorbehalts scheitere am Widerstand der Länder. Mit dem genannten Antrag hat unsere Fraktion versucht klarzustellen, dass auch ohne Rücknahme des Vorbehalts konkrete Verbesserungen für die Lebenssituation der Betroffenen möglich sind. Diese müssten zwar ebenfalls von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Sie brauchen im Bundesrat aber nur eine einfache Mehrheit, während die Rücknahme des Vorbehalts Einstimmigkeit braucht. Leider bestehen, wie Sie wissen, weder in Bundestag noch in Bundesrat die Mehrheiten für eine humane Flüchtlingspolitik, die die Bedürfnisse und Interessen von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt.
Ein ganz wesentlicher Punkt, an dem wir Änderungsbedarf in der geltenden Rechtslage sehen, ist die so genannte "Asylmündigkeit": im Asylverfahrensrecht werden schon 16- und 17-jährige wie Erwachsene behandelt. Dabei werden diese Jugendlichen von den deutschen Behörden meist sowieso schon als älter eingestuft, als sie nach eigenen Angaben sind. Die "Asylmündigkeit" kann zur Folge haben, dass Familien im Asylverfahren getrennt werden, Minderjährige in Abschiebehaft genommen werden und vieles andere mehr.

Ein gemeinsamer Antrag aller Bundestagsfraktionen aus der Kinderkommission des Bundestages ist leider gescheitert, weil die Unionsfraktion aus grundsätzlichen Erwägungen keine Anträge gemeinsam mit der Linksfraktion einbringt. Damit ist leider die Chance vergeben worden, ein starkes politisches Signal für mehr Kinderrechte zu setzen. Somit wird es in dieser Wahlperiode auch nicht mehr möglich sein, eine erfolgversprechende Initiative für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz auf den Weg zu bringen.

In wie weit die Landtagsfraktionen der LINKE. im Einzelnen darauf hinwirken, die Situation von Flüchtlingskindern in ihren Bundesländern zu verbessern, kann ich Ihnen im Einzelnen leider nicht beantworten.

Mit freundlichen Grüßen,
Ulla Jelpke