Können alle Vollzeit-Erwerbstätigen ausreichend von ihrem Einkommen leben?
Sehr geehrter Herr Frei
In der Sendung Maischberger vom 27. Mai 2025 haben Sie folgende Behauptung aufgestellt: „Jeder, der Vollzeit arbeitet, hat so viel Geld, dass er davon leben kann.“ Wie kommen Sie angesichts von ca. 830.000 Menschen, die neben ihrer Arbeit zusätzliche Unterstützung brauchen, zu dieser Behauptung? Arbeiten diese Menschen zu wenig oder haben Sie eine andere Erklärung?
Freundliche Grüße
Markus O.

Sehr geehrter Herr O.,
ich bin mir bewusst, dass dieses Thema immer zu einer sehr emotionalen Debatte führt. Umgekehrt müssen wir den Fakten ins Gesicht sehen. Das habe ich in der angesprochenen Sendung versucht. Fakt sind dabei verschiedene Dinge.
Erstens arbeiten wir in Deutschland pro Kopf und Jahr immer weniger. Dazu gibt es verschiedene Statistiken. Gleichzeitig sehen wir die Auswirkungen des demografischen Wandels. Wenn immer mehr Rentner oder Krankenversicherte mit weniger Arbeit das System erhalten wollen, dann führt das unweigerlich zum Kollaps oder zumindest zu Leistungskürzungen. Dem muss man sich bewusst sein und darüber müssen wir als Gesellschaft debattieren. Und wir als CDU sagen, dass wir kluge Leistungsanreize setzen wollen, damit die Menschen mehr arbeiten. Als Rentner oder mit Überstunden. Denn jede Stunde zusätzlicher Arbeit hilft, die Lücken zu schließen.
Zweitens ist es falsch, so zu tun, dass jeder Aufstocker in Vollzeit arbeitet und davon nicht leben kann. Fakt ist, die meisten der auch von Ihnen genannten 830.000 Aufstocker arbeiten nicht in einer sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigung. Meistens sind das Personen mit weniger Arbeitsumfang oder Minijob. Laut Arbeitsmarktforschern des DIW (https://de.linkedin.com/posts/holger-sch%C3%A4fer-a826a5306_aufstocker-die-anzahl-der-vollzeitbesch%C3%A4ftigten-activity-7254819558736203776-a9d9) gibt es etwa 80.000 Vollzeit-Aufstocker in Deutschland, die eine größere Bedarfsgemeinschaft zu versorgen haben und deshalb aufstocken müssen. Würden viele davon allein oder nur eine weitere Person versorgen müssen, dann dürfte die Zahl noch deutlich geringer sein.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei