Ihre Antwort setzt vor allem auf Innovation und neue Jobs. Welche Konzepte prüfen Sie für den Fall, dass KI langfristig weniger Erwerbsarbeit erfordert und neue Jobs nicht ausreichen?
Sehr geehrter Herr Frei,
vielen Dank für Ihre Antwort. Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit den langfristigen Folgen von KI und Automatisierung. Ökonomen wie Daron Acemoglu (MIT), Erik Brynjolfsson (Stanford) und Anton Korinek (University of Virginia) weisen in ihren Arbeiten darauf hin, dass KI erstmals auch kognitive Tätigkeiten im großen Maßstab automatisieren kann. Acemoglu spricht von "displacement effects", Korinek von "structural labor demand decline", Brynjolfsson betont, dass neue Jobs nicht automatisch die wegfallenden ersetzen.
Vor diesem Hintergrund erscheinen politische Maßnahmen, die fast ausschließlich auf Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Qualifizierung setzen, zu kurz gegriffen. Entscheidend ist, frühzeitig über neue Modelle von Wertschöpfung und Teilhabe jenseits klassischer Erwerbsarbeit nachzudenken, um soziale Spaltung und Instabilität zu vermeiden. Daher interessiert mich, welche konkreten Konzepte Ihre Partei hierfür prüft.
Sehr geehrter Herr T.,
selbst die klügsten Gelehrten unserer Zeit haben sicherlich keine Glaskugel, mit der die Zukunft treffsicher vorgesagt werden kann. Was bei allen theoretischen oder praktischen Überlegungen notwendiges Fundament eines Staates ist und auch erstmal bleibt, ist eine solide, wirtschaftliche Basis des Landes und eine nachhaltige Haushaltspolitik von Bund, aber auch Ländern und Kommunen, die auf ökonomische Rationalität setzt. Unsere Aufgabe im Hier und Jetzt ist es, unseren Staat und damit unsere Gesellschaft zukunftssicher zu machen - in erster Linie meine ich damit, der Wirtschaft und dem Staat durch unsere Maßnahmen wieder echte Zukunftsperspektiven zu eröffnen, konkret der Wirtschaft über Wachstumschancen und beim Staat nach einer überfälligen Investitionsoffensive in Infrastruktur und Verteidigung über den Pfad der notwendigen Konsolidierung des Haushalts. Damit schaffen wir dann die notwendige Grundlage für zukünftige (finanzielle) Möglichkeitsfenster, die dann Gelingensbedingungen für die entstehende Zukunft auch konkret eröffnen können - unabhängig von den klugen Überlegungen eines Daron Acemoglu, Erik Brynjolfsson, Anton Korinek oder anderen. Ganz nebenbei werden wir dadurch auch die von Ihnen zur Rede gebrachten Themen um die soziale Spaltung und Instabilität, die sich ja ebenfalls auch auf die Gegenwart beziehen, beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei

