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Thomas Strobl
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Frage von Ulrich Hatto von H. •

Frage an Thomas Strobl von Ulrich Hatto von H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Strobl!

Im Internetauftritt der Saarbrücker Zeitung las ich, dass Sie zu den z.B. bei den letzten Bundestagswahlen hier in Köln eingesetzten Wahlcomputern (Wahlgeräten) gesagt haben, dass "Wahlen mit diesen Geräten als sicher anzusehen" seien, weil bislang "kein einziger Fall eines Manipulationsversuches bekannt geworden" sei.

Nun hat ja der sogenannte "Nedap-Hack" gezeigt, dass jemand, der zu irgendeinem Zeitpunkt vor und nach der Wahl Zugang zu den Geräten hat, problemlos deren Speicher-Chip austauschen kann, deren abgewandelte Software die Wahl subtil manipuliert, und dass dies vom Wahlvorstand praktisch nicht festgestellt werden kann. Durch fehlende Ausdrucke einzelner Stimmen ist eine Nachzählung unmöglich. Dass man bisher keine Manipulationsversuche festgestellt hat, sagt daher nicht viel aus. Der Wahlfälschungsskandal von Dachau aus 2002 hat ja gezeigt, dass es auch bei uns ein Potential für Wahlfälschungen, und zwar durch "Innentäter", also Personen, die ggf. Zugriff auf die Wahlcomputer haben, gibt.

Wenn solche Geräte auch zukünftig bei uns eingesetzt würden - wie würden Sie dann auf einen ausländischen Diktator oder Autokraten z.B. in Weißrussland reagieren, der (hypothetisch, aber ganz und gar nicht unrealistsch) zentral die Wahlen seines Landes über manipulierte Wahlgeräte zu seinen Gunsten fälscht? Internationale Wahlbeobachter hätten keine Chance, die Fälschung nachzuweisen, und der besagte Autokrat könnte darauf verweisen, dass seine Wahlen genau so demokratisch seien wie in Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen,
Hatto von Hatzfeld

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Sehr geehrter Herr von Hatzfeld,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich des Einsatzes von Wahlcomputern. Sehr gerne nehme ich dazu Stellung. Zunächst möchte ich auf Folgendes hinweisen. Es gehört nicht zu den Aufgaben des von mir geleiteten Wahlprüfungsausschusses im Bundestag, pauschale Unbedenklichkeitsbescheinigungen mit "Ewigkeitscharakter" für bestimmte Stimmauszählungsverfahren auszusprechen. Wir untersuchen lediglich situationsbezogen und im Nachhinein die Gesetzmäßigkeit von konkreten Abstimmungsvorgängen und der hierbei angewandten Techniken. Vor diesem Hintergrund ist meine Äußerung gegenüber der Saarbrücker Zeitung zu sehen, die Sie in Ihrer Anfrage zitieren. Nach der Bundestagswahl 2005 hatten besorgte Bürger Zweifel an der Verlässlichkeit von Wahlcomputern geäußert, die damals vereinzelt zum Einsatz kamen. Darauf haben wir reagiert. Wir untersuchten die Vorwürfe akribisch und bewerteten sie -- mit dem Ergebnis, dass in keinem der genannten Fälle eine Manipulation nachweisbar war. Allein auf der Basis dieser Fakten erhebt der Wahlprüfungsausschuss zum gegenwärtigen Zeitpunkt -- also ex post - keine Einwände gegen den Einsatz der Computer, nicht mehr und nicht weniger.

Ob es indes tatsächlich zu einem Computereinsatz 2009 kommt, hängt nun vom bevorstehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts in dieser Angelegenheit ab, dem wir nicht vorgreifen sollten. Die Karlsruher Entscheidung wird für den Gesetzgeber selbstverständlich bindend sein.

Erlauben Sie mir noch einige grundsätzliche Bemerkungen zum Thema Wahlmanipulation, das ich sehr ernst nehme. Ihre Sorge vor gezielten Verfälschungen des Wählerwillens ist aller Ehren wert, sollte sich aber nicht ausschließlich an Wahlcomputern festmachen. Prinzipiell bietet jedes Auszählungsverfahren Ansatzpunkte für Betrug. Absolute Sicherheit gib es nicht. Dies beweist gerade der von Ihnen angesprochene Dachauer Fall. Hier waren ohne elektronische Hilfsmittel Wahlmanipulationen versucht und zunächst auch erreicht worden. Entscheidend ist aber: Die Manipulationen flogen auf. Dies wäre auch bei Betrugsmanövern mit Wahlcomputerhilfe, die selbstredend denkbar und technisch nicht auszuschließen sind, der Fall. Denn Manipulationen werden ja nur vorgenommen, um ein Stimmergebnis herbeizuführen, das vom erwarteten völlig abweicht. Genau dann aber fällt eine Manipulation sofort auf. Opposition, Presse und kritische Öffentlichkeit würden schnellstens Verdacht schöpfen (wie in Dachau geschehen) und mit entsprechenden Vorwürfen ein Wahlprüfungsverfahren anstrengen, das die Wahrheit ans Licht brächte. Beispielsweise ergäbe eine kriminaltechnische Untersuchung eines manipulierten Wahlcomputers problemlos, ob der Speicherchip tatsächlich ausgetauscht wurde, wie Sie das als probateste Wahlfälschungsmethode im Automatenbereich beschrieben haben. Fazit: In einer funktionierenden Demokratie gibt es so viele gleichsam "natürliche" Sicherungselemente gegen Wahlfälschungen, dass der Anreiz zu Fälschungen als eher gering einzustufen ist.

Anders sieht es zugegebenermaßen in der von Ihnen zuletzt angesprochenen Situation einer Diktatur aus. Hier ist mit Manipulationen ständig zu rechnen. Nur liefert gerade der diktatorische Charakter eines Regimes, der sich an vielen Punkten festmachen lässt (Polizeistaatsmethoden, Einschüchterung der Wähler, Schikanen gegen Oppositionelle etc.), den Beweis, dass dortigen Wahlen grundsätzlich nicht zu vertrauen ist -- egal, ob sie mit Computerhilfe durchgeführt wurden oder nicht. Deswegen ist dieser Fall eigentlich kein überzeugendes Argument gegen den Einsatz von Wahlcomputern bei uns.

Abschließend noch eine persönliche Bemerkung: Keine Gemeinde wird durch den Gesetzgeber gezwungen, Wahlautomaten einzusetzen. Auch ich plädiere als Kommunalpolitiker für die klassische Auszählmethode der Stimmzettel. In Baden-Württemberg kommen Wahlcomputer meines Wissens in diesem Sinn auch nicht zur Anwendung.

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage damit beantwortet habe, und verbleibe mit freundlichen Grüßen, Thomas Strobl MdB