Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Susanna Kahlefeld
Bündnis 90/Die Grünen
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/ 13 Fragen beantwortet
Frage von Nina B. •

Werden Sie beim Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen mit Ja stimmen? Und wenn der Volksentscheid erfolgreich sein sollte, werden Sie sich dann dafür einsetzen, dass er auch umgesetzt wird?

Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen
Sehr geehrte Frau B.,

Ihre beiden Fragen beantworte ich mit JA.

Ich habe für den Volksentscheid auf der Straße gestanden und gesammelt, der Neuköllner Kreisverband der Grünen hat das Plakat der Initiative mit aufgehängt und unsere Spitzenkandidatin Bettina Jarasch hat öffentlich und wiederholt gesagt, dass sie nicht nur persönlich mit JA stimmt, sondern auch dazu aufruft.

Es steht allerdings, wie Sie wissen, kein Gesetzentwurf zur Abstimmung. Das Gesetz muss vom Senat noch erarbeitet werden, im Fall, dass der Entscheid erfolgreich ist. Wenn man sich vor Augen hält, dass sogar das so genannte „Containern“ verboten bleibt, weil weggeworfene Lebensmittel immer noch als Eigentum der Supermärkte gelten, kann man ermessen, wie anspruchsvoll es ist, ein rechtssicheres Enteignungsgesetz zu formulieren.

Wir werden daher parallel zur Arbeit am Gesetz mit den Maßnahmen des „Mietenschutzschirms“ beginnen. Abwarten bis die Jurist*innen fertig gearbeitet haben und bis dahin alles weiter laufen lassen, kommt für uns nicht in Frage. Dafür ist die Not, dafür ist der Druck auf die Mieter*innen zu groß. Es muss auf der Landesebene schneller etwas passieren. Wir fordern ein Bundesgesetz zum Mietendeckel – aber wollen und müssen auch im Land aktiv werden.

Ich habe Ihnen die Elemente des Mietenschutzschirms, an dem wir parallel zur Erarbeitung des Enteignungsgesetzes anfangen werden zu arbeiten, aus unserem Positionspapier kopiert.

Ich stimmen also mit Ja und werde natürlich darauf drängen, ein Enteignungsgesetz zu erarbeiten. Und ich halte es für richtig, die Leute nicht darauf zu vertrösten, dass sie warten, bis das Gesetz fertig ist.

Mit freundlichen Grüßen,

Susanna Kahlefeld

I. Mieten bezahlbar halten1. Mietenmoratorium für 5 Jahre

a) Für 5 Jahre gilt ein Mietenmoratorium mit eingefrorenen Mieten. Ein Inflationsausgleich soll bei niedrigen Mieten angerechnet werden können.

b) Dauerhaft wird der Berliner Mietspiegel als qualifizierter Mietspiegel und alleiniges Begründungsmittel für Mieterhöhungen anerkannt. Abweichungen werden mit Vertragsstrafen belegt.

c) Der Mietenschutzschirm umfasst die Verpflichtung, sich nicht auf die Ausnahmeregelung zur Mieterhöhung gemäß §556f BGB zu berufen. Dies bedeutet, dass auch im Falle der Wiedervermietung nach umfassender Modernisierung die Mietpreisbremse anzuwenden ist.

d) Diese Regelungen gelten auch für möblierte Wohnungen.

2. Wiedervermietung sozial ausrichten

a) Der Mietenschutzschirm umfasst die Verpflichtung, jede zweite freiwerdende Mietwohnung an Mieter*innen mit Wohnberechtigungsschein zu vermieten.

b) Jede Wiedervermietung erfolgt maximal in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete.

II. Mietwohnungen und Mieter*innen schützen3. Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen ausschließen

a) Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen werden ausgeschlossen.

4. Wohnungslosigkeit vermeiden und Mieterrechte stärken

a) Bei ersten Hinweisen auf Mietschulden verpflichten sich die Vermieter*innen, schnell auf die Mieter*innen zuzugehen und in Kooperation mit den bezirklichen Ämtern für Soziales außerordentliche Kündigungen und Räumungen zu verhindern.

b) Mieterbeiräte/Mieterräte werden regelmäßig gewählt und anerkannt.

c) Mieterversammlungen werden jährlich durchgeführt.

5. Zweckentfremdung von Wohnraum strikt vermeiden – Leerstand transparent machen

Gemeinwohlorientierte Vermieter*innen verpflichten sich zur strikten Einhaltung des Zweckentfremdungsverbotsrechts. Leerstehender Wohnraum wird transparent veröffentlicht.

6. Wohnungstausch zwischen gemeinwohlorientierten Vermieter*innen gewährleisten

Gemeinwohlorientierte Vermieter*innen verpflichten sich, den Wohnungstausch untereinander zu ermöglichen und stetig zu verbessern. Ziel ist es vor allem kleinen Haushalten in (zu) großen Wohnungen bezahlbare Alternativen in kleineren Wohnungen anzubieten, um eine effiziente Auslastung des Wohnraums zu ermöglichen. Das Land Berlin stellt eine entsprechende Plattform zur Verfügung.

III. Investitionsoffensive in Mietwohnungen7. Klima- und Mieterschutz: Energetische Modernisierungen sozialgerecht durchführen

a) Heizanlagen, die mit Heizöl oder mit festem fossilem Brennstoff betrieben werden, sind bis zum 31.12.2023 außer Betrieb zu nehmen. Die Modernisierungen solcher oder noch veralteterer Heizanlagen wird nicht auf die Miete umgelegt.

b) Modernisierungsumlagen werden auf maximal 1,50/qm begrenzt und dürfen nicht zu einer Miete führen, die 30 % des Nettoeinkommens der Mieter*innen überschreitet. Ein solcher Fall konstituiert einen Härtefall und berechtigt die Mieter*innen zu einem Ausgleich über einen Härtefallfonds. Dabei beteiligt sich das Land Berlin zur Hälfte an den entsprechenden Kosten.

8. Neubau fordern und fördern

Gemeinwohlorientiertes und mieterfreundliches Vermieten braucht Vertrauen in eine systematische Instandhaltung und Modernisierung. Gleichzeitig ist eine Erweiterung des Bestandes durch Neubau nötig. Berlin braucht eine Investitionsoffensive im Wohnungsmarkt. Dazu muss auch die private Wohnungswirtschaft ihren Beitrag leisten. Ausschüttungen und Dividendenzahlungen werden für mindestens drei Jahre ausgesetzt und die Überschüsse und Gewinne stattdessen für Investitionen eingesetzt. Sie bleiben so im Unternehmen, das aber seinen Bestand und die Werthaltigkeit seiner Wohnungen erhöht.

IV. Anreize schaffen – gemeinwohnorientierte Investitionen fördern

a) Das Land Berlin wird im Gegenzug die Förderung durch Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen ausdehnen. Die Immobilienförderung der IBB wird aufgestockt, die Förderbedingungen erweitert, die Zinskonditionen noch einmal verbessert und weitere Zuschüsse für gemeinwohlorientierte Vermieter*innen ermöglicht – insbesondere beim Neubau und bei der energetischen Sanierung.

b) Das Land Berlin wird gemeinwohlorientierten Vermieter*innen verstärkt Förderungen für Wohnungen im mittleren Preissegment zukommen lassen, damit Wohnungen auch für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen entstehen.

c) Für gemeinwohlorientierte Vermieter*innen werden die Verfahren zur Förderungsbeantragung deutlich entschlackt.

d) Gemeinwohlorientierte Vermieter*innen werden als potenziell begünstige Dritte im Rahmen von Vorkaufsrechtsprüfungen berücksichtigt.

e) Nur gemeinwohlorientierte Vermieter*innen werden bei Grundstücksvergaben des Landes Berlin berücksichtigt und erhalten einen vergünstigten Erbbauzins.

f) Das Land Berlin stellt gemeinwohlorientierten Vermieter*innen vergünstigte Bürgschaften zur Verfügung.

g) Gemeinwohlorientierte Vermieter*innen bekommen kostenlose Beratung und auch Planung für energetische Modernisierung.

h) Das Land Berlin verpflichtet sich langfristig zu dieser verbindlich geschlossenen Zusammenarbeit im Rahmen des Mietenschutzschirms und bietet so den gemeinnützigen Vermieter*innen dauerhaft auch Rechtsfrieden und Sicherheit.

Durch diese und andere Anreize wollen wir es schaffen, dass nicht nur die privaten Wohnungsunternehmen den Berliner Mietenschutzschirm in Betracht ziehen, die durch den Volksentscheid unter Druck geraten sind, sondern auch die vielen kleinen Vermieter*innen, Genossenschaften oder Stiftungen. Somit wollen wir unserem Ziel eines zu mindestens 50 Prozent gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkts näherkommen.

 
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