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Frage von Mehmet A. •

Israel möchte den Gaza komplett besetzen. Sollte nicht spätestens jetzt die BRD mit Sanktionen vorgehen?

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Sehr geehrter Herr A.,

ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihre Frage vom 07. August 2025 und Ihren Bezug auf mein Interview mit dem Deutschlandfunk vom Dienstag, den 05. August 2025. Ich ordne die aktuelle Debatte um das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen sowie die Forderung nach Sanktionen sehr gerne differenziert ein.

Ich möchte nachdrücklich betonen, dass das Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zutiefst erschütternd ist. Es ist schwer zu ertragen, unter welchen Umständen viele Menschen dort leben müssen – ohne ausreichende Nahrungsmittelversorgung, medizinische Versorgung, ohne Schutz, oftmals ohne jegliche Perspektive. Diese dramatische humanitäre Lage darf nicht relativiert oder ignoriert werden, und die internationale Gemeinschaft – einschließlich Deutschlands – ist gefordert, mit humanitärer Hilfe und politischem Druck für eine Verbesserung der Situation einzutreten.

Zugleich müssen die Entwicklungen im Gazastreifen in ihrem völkerrechtlichen und sicherheitspolitischen Zusammenhang betrachtet werden. Seit dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem über 1.200 israelische Zivilisten auf grausame Weise ermordet und über 250 als Geiseln verschleppt wurden – darunter auch deutsche Staatsangehörige –, befindet sich Israel in einem Abwehrkampf gegen eine terroristische Organisation, die das Existenzrecht Israels explizit ablehnt und systematisch Zivilisten als Schutzschilde missbraucht. Israel hat – wie jeder demokratische Rechtsstaat – nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, seine Bevölkerung vor fortwährenden Angriffen zu schützen.

Vor diesem Hintergrund gilt für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik – und daran halte ich auch in der gegenwärtigen Situation fest –: Die Sicherheit Israels ist Teil unserer Staatsräson. Das bedeutet nicht, dass wir jedes militärische Vorgehen gutheißen oder unkritisch begleiten. Selbstverständlich ist Israel, wie jeder andere Staat auch, an das humanitäre Völkerrecht gebunden. Die Verhältnismäßigkeit militärischer Mittel, der Schutz von Zivilisten und der Zugang zu humanitärer Hilfe sind Maßstäbe, an denen sich auch das israelische Vorgehen messen lassen muss. Kritik ist erlaubt – sie muss aber fair, sachlich und differenziert bleiben.

Forderungen nach pauschalen Sanktionen gegen Israel greifen aus meiner Sicht zu kurz und sind politisch hochproblematisch. Sanktionen sollten stets das letzte Mittel sein und gezielt auf eine Verhaltensänderung hinwirken. Ein reflexartiges Sanktionsregime gegen den einzigen demokratisch verfassten Rechtsstaat im Nahen Osten, während eine terroristische Organisation wie die Hamas weiter Raketensalven auf Israel abfeuert und Geiseln festhält, würde aus meiner Sicht nur die Hamas unterstützen und könnte die Lage weiter destabilisieren. Zudem würde ein solcher Schritt das enge deutsch-israelische Verhältnis schwer belasten – ohne dass damit den Menschen in Gaza wirklich geholfen wäre.

Vielmehr braucht es eine Doppelstrategie: Einerseits konsequente politische und diplomatische Einflussnahme auf Israel, etwa durch klare Erwartungen hinsichtlich des Schutzes von Zivilisten, des Zugangs für Hilfsorganisationen und der Entwicklung einer tragfähigen Nachkriegsordnung. Andererseits eine entschiedene Stärkung der humanitären Hilfe und der zivilgesellschaftlichen Strukturen in Gaza – abseits der Hamas. Perspektivisch muss die internationale Gemeinschaft darauf hinwirken, dass die Palästinensischen Gebiete durch eine legitimierte und verlässliche Selbstverwaltung ohne terroristische Strukturen regiert werden können. Nur so kann der Weg in Richtung einer tragfähigen, verhandelten Zwei-Staaten-Lösung wieder geöffnet werden.

Die Lage im Nahen Osten verlangt Augenmaß, Besonnenheit und einen klaren Kompass. Einseitige Maßnahmen helfen dabei nicht. Wohl aber ein entschiedenes Eintreten für Frieden, Sicherheit und Humanität – für alle Menschen in der Region.

Ich danke Ihnen nochmals sehr herzlich für Ihre Frage und stehe Ihnen für Ihre Rückfragen selbstverständlich jederzeit sehr gerne persönlich zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Mayer, MdB

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