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Stefan Schwartze
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Frage von Dr. Hinrich P. •

Frage an Stefan Schwartze von Dr. Hinrich P.

Sehr geehrter Herr Schwartze,

meine Frau und ich sind sehr besorgt wegen der Möglichkeit, in unserem Land Fracking zuzulassen, auch wenn dies nur unter strengen Auflagen geschehen sollte. Ich habe die Petition für ein vollständiges Frackingverbot in Deutschland unterschrieben. Über ein Drittel der Bundestagsabgeordneten haben bereits so oder so Stellung genommen. Nun wüsste ich gerne Ihre Stellungnahme dazu.

Mit freundlichem Gruß
Hinrich Paul

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Sehr geehrter Herr Paul,

vielen Dank für Ihre Zuschrift zum Thema „Fracking“. Auch ich habe mich intensiv und kritisch mit der Thematik befasst. Gerne möchte ich Ihnen daher meine Sicht sowie den aktuellen Sachstand der politischen Auseinandersetzung darlegen.

Doch vorneweg möchte ich auf die Position der nordrheinwestfälischen Landesregierung verweisen, die ihre klare Ablehnung gegenüber dem Fracking verdeutlicht und eine Unterstützung von direkten oder indirekten Maßnahmen, die dazu geeignet sind, unkonventionelle Erdgasvorkommen zu fördern, wiederholt abgelehnt hat (Stellungnahme der NRWSPD-Landesgruppe zum Thema Fracking unter folgendem Link: https://www.spd-fraktion-nrw.de/themen/fracking.html ).

Ich persönlich teile Ihre Bedenken bezüglich der Sicherheit der Fracking-Methode. Deswegen begrüße ich das Verbot des unkonventionellen Fracking zur Gewinnung von Erdgas in Schiefer- und Kohleflözgestein, das in dem im April 2015 vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf verankert ist. Sehr erfreulich sind in diesem Zusammenhang aktuelle Entwicklungen, wonach unkonventionelles Fracking künftig auch unterhalb von 3000 Metern nur zu Erkundungszwecken oder unter besonderen Voraussetzungen erlaubt werden soll.

Demnach wird die umstrittene 3000-Meter-Grenze, die unter anderem bereits vom Bundesrat als fachlich nicht begründbar kritisiert wurde, aus dem Entwurf für das Fracking-Gesetzespaket entfernt. Unkonventionelles Fracking zu kommerziellen Zwecken wäre damit auch in Tiefen von mehr als 3000 Metern zunächst prinzipiell verboten und lediglich zu den im Entwurf definierten Bedingungen gegebenenfalls doch genehmigungsfähig.

Der Deutsche Bundestag wird erst nach der Sommerpause über den Gesetzentwurf zum Fracking entscheiden. Grund ist das Beharren der Union auf einer Expertenkommission, die anstelle des Parlaments eine Entscheidung über die Anwendung von Fracking treffen soll. Einer solchen Selbstentmachtung der gewählten Volksvertretung kann die SPD nicht zustimmen.

Zu den konkreten Aspekten des Gesetzentwurfes:
Nach geltendem Recht ist Fracking zur Erdgasgewinnung in Deutschland derzeit erlaubt. Dabei wird nicht zwischen „konventionellem“ und „unkonventionellem“ Fracking differenziert. Der von unserer Regierung vorgelegte Entwurf nimmt diese längst überfällige Differenzierung nun vor. Für die zwei Arten von Fracking sollen in Zukunft unterschiedliche Regeln greifen.

Das sogenannte „konventionelle“ Fracking zur Gasförderung u. a. in Sandgesteinen, welches in Niedersachsen bereits seit Jahrzehnten eingesetzt wird, soll weiterhin durchführbar sein. Die hier bereits bestehenden Vorschriften zum Schutz von Mensch und Umwelt, beispielsweise der Umgang mit Lagerstättenwasser, sollen deutlich verschärft werden. Sensible Gebiete etwa für die Trinkwasserversorgung werden prinzipiell für dieses Verfahren gesperrt. Für alle Frackingvorhaben werden Umweltverträglichkeitsprüfungen verbindlich vorgeschrieben, was die Transparenz und Beteiligung im Genehmigungsverfahren deutlich verbessert. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung ist damit zwingend durchzuführen.

Stärkeren Beschränkungen unterworfen wird dagegen das „unkonventionelle Fracking“. Dabei werden näher an der Oberfläche liegende feste Schiefer- oder Tonschichten durch eine Mischung aus Wasser, Sand und Chemikalien bearbeitet, um das begehrte Öl und Gas freizusetzen. Insbesondere diese Methode wird kritisiert. Gegner sehen Gefahren für grundwasserführende Bodenschichten. Laut Ursprungsentwurf der Regierung sollte die Technik oberhalb von 3000 Metern vor diesem Hintergrund nur zu wissenschaftlich begleiteten Erprobungszwecken mit für Grundwasser unbedenklichen Substanzen erlaubt werden, während eine kommerzielle Förderung zunächst verboten sein sollte. Diese kann demnach allerdings in einem weiteren Schritt trotzdem bei den Behörden beantragt werden, wenn eine Expertenkommission die Nutzung einer konkreten Lagerstätte als unbedenklich einstuft. Die Expertenkommission ist auf Wunsch unseres Koalitionspartners in den Gesetzentwurf aufgenommenen worden. Es muss jedoch in jedem Fall sichergestellt sein, dass der Deutsche Bundestag in letzter Instanz über den kommerziellen Einsatz der Fracking-Technologie entscheidet. Dafür setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion, dafür setze ich mich ein. Mit der jetzt vorgenommenen Streichung der Grenze von 3000 Metern aus dem Text würden diese Bestimmungen zur unkonventionellen Fracking-Technologie in alle Schichten unabhängig von ihrer Tiefe ausgedehnt.

Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich für eine sorgfältige Beratung der Gesetzentwürfe im Deutschen Bundestag ein, bei der auch die Umweltverbände und betroffenen gesellschaftlichen Gruppen angehört werden. Die SPD wird dafür sorgen, dass der Schutz der Umwelt, insbesondere unseres Trinkwassers, dabei ein zentrales Anliegen sein wird.

Sollten Sie weitere Bedenken haben, stehen ich und meine Mitarbeiter Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Schwartze

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