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Silke Launert
CSU
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Frage von Christine R. •

Frage an Silke Launert von Christine R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Als ehrenamtliche Flüchtlingshelferin bin ich immer wieder erschrocken über die Entscheidungen des BAMF gerade im Hinblich auf Afghanistan.
Wie kann es sein, dass für Entscheidungen, die das Leben und die Gesundheit von Menschen betreffen, schlecht ausgebildete, über keinerlei Länderkenntnisse verfügende, "Laien" herangezogen werden?
Warum ist es nicht möglich, auch trotz hohem Antragsvolumen, die Mitarbeiter vernünftig auf je ein Land zu schulen und auch nur über Anträge aus diesem Herkunftsland urteilen zu lassen?
Warum wird immer noch zwischen Anhörer und Entscheider getrennt? Eine Kommunikation findet immer zum großen Teil nonverbal statt, dieser Aspekt geht bei der gängigen Praxis verloren.
Die Klageflut bei den Verwaltungsgerichten spricht nicht für eine hohe Qualität des BAMF, das ich auch durch meine Steuergelder mitfananzieren muss.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau R.,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Arbeitsweise des BAMF, die ich gerne im Folgenden beantworte:

Die Asylverfahren würden zu lange dauern, falsche Entscheidungen würden zu einer Klageflut führen und die Mitarbeiter seien schlecht ausgebildet - das BAMF hat in letzter Zeit viel Kritik einstecken müssen. Doch, diese Kritik ist – auch, wenn niemand bestreitet, dass in der Vergangenheit Fehler passiert sind – in weiten Teilen verfehlt. Insbesondere werden zu oft aus Zahlen falsche Rückschlüsse gezogen. So erschließt sich mir nicht, weshalb eine steigende (absolute) Zahl an Klagen gegen Asylbescheide auf eine hohe Fehlerquote beim BAMF zurückzuführen sein soll. Die Zahl der Klagen gegen Asylbescheide muss vielmehr im Gesamtkontext der Entscheidungszahlen bewertet werden. Und diese sind in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen. Betrachtet man die Zahlen prozentual ergibt sich dann auch rasch ein anderes Bild:

„Bei ablehnenden Bescheiden liegt die Klagequote über alle Herkunftsländer in 2017 bisher bei 47,3%. Hier gibt es, verglichen mit den Vorjahren, keine größeren Abweichungen.

Jahr Anzahl der Ablehnungen Klagequote gegen ablehnende Entscheidungen
2013 60.850 57,0%
2014 88.348 55,8%
2015 141.811 31,9%
2016 261.813 43,2%
2017* 118.959 47,3%
*1. Quartal 2017

Seit 2016 klagen vermehrt syrische Antragsteller mit subsidiärem Schutz auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Hintergrund ist die aktuelle Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte. Das Bundesamt gewährt lediglich subsidiären Schutz, wenn keine konkreten individuellen Verfolgungsmaßnahmen glaubhaft gemacht werden. Ein großer Teil der Obergerichte hat die Entscheidungen des BAMF bereits bestätigt (unter anderem: OVG Schleswig-Holstein, OVG Rheinland-Pfalz, der Bayerische VGH, das OVG des Saarlandes und das OVG Nordrhein-Westfalen). Die Obergerichte haben entschieden, dass allein wegen illegaler Ausreise aus Syrien und Asylantragstellung im Ausland keine Verfolgung bei Rückkehr nach Syrien droht, welche die Gewährung von Flüchtlingsschutz begründen kann.

Die Gerichte haben in Asylgerichtsverfahren (Klagen, Berufungen, Revisionen) mehrheitlich nicht zugunsten der klagenden Asylbewerber entschieden:

Jahr Gerichtsentscheidungen davon zugunsten der Antragsteller in %
2013 31.075 4.013 12,9%
2014 40.748 4.130 10,1%
2015 62.828 2.640 4,2%
2016 70.904 9.299 13,1%
2017* 20.684 4.934 23,9%
*1. Quartal 2017

Die aktuelle Entwicklung, dass in Gerichtsverfahren vermehrt zu Gunsten der Antragsteller entschieden wird, ist hauptsächlich auf erstinstanzliche Urteile in Klageverfahren syrischer Antragsteller zurückzuführen. In vielen Fällen haben die Gerichte den Klägern zunächst den höherwertigen Flüchtlingsschutz in erster Instanz zuerkannt. In Berufungsverfahren wurde die Entscheidungspraxis des Bundesamtes durch Obergerichte aber größtenteils bestätigt.“

Dies alles können Sie nachlesen auf der Website des BAMF unter www.bamf.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/20170802-027-pm-prozessfuehrung.html mit dem Stand: 2. August 2017.

Was die Qualifizierung der Mitarbeiter des BAMF angeht, so will ich zunächst einmal darauf hinweisen, dass ganz sicher niemand absichtlich falsche Entscheidungen getroffen hat und dass die Schicksale der einzelnen ganz sicher auch niemandem egal sind. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise musste jedoch schnell gehandelt werden und so hat das BAMF seine Mitarbeiterzahlen innerhalb kürzester Zeit vervielfacht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man davon ausgehen kann, dass unqualifizierte Mitarbeiter eingestellt wurden. Den besonderen Umständen der Flüchtlingskrise ist im Übrigen auch die Trennung zwischen „Anhörern“ und „Entscheidern“ geschuldet - der Ausbildungsumfang wurde auf „Anhörer“ oder „Entscheider“ eingegrenzt, um die Einsatzmöglichkeiten zu beschleunigen. Mittlerweile liegen allerdings in 70 % der Fälle Anhörung und Entscheidung wieder in einer Hand.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen damit umfassend beantworten.

Gerne können Sie sich bei weiteren Fragen auch gerne wieder direkt an mein Büro wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Silke Launert, MdB

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