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Frage von Stefan K. •

Frage an Sigmar Gabriel von Stefan K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Gabriel,

wie sicherlich auch ihnen nicht entgangen ist leidet Deutschland unter einer enormen Staatsverschuldung. Die genaue Summe zu nennen schenke ich mir, da es sich erstens um eine Zahl handelt die für mein mathematisches Verständnis real nicht mehr fassbar ist, und sie sich zweitens bekanntlich im Sekundentakt erhöht. 1. Wann, wie und von wem sollen diese Schulden jemals getilgt werden?
2. Ist ihrer ehrlichen Meinung nach eine Rückzahlung des gigantischen Schuldenberges überhaupt jemals möglich bzw. wird sie vielleicht von den verantwortlichen Politikern längst gar nicht mehr angestrebt?
3. Da ja abgesehen von einigen "Ölscheichtümern" sämtliche Staaten unter einer ähnlichen Schuldenlast leiden, wieso ist es nicht möglich, daß im Interesse der gesamten Weltbevölkerung sämtliche Staatsschulden bspw zum 1.1.2006 von allen Staatsoberhäuptern in einem gemeinsamen feierlichen Akt für nicht existent erklärt werden?

Im Wahlprogramm ihrer Partei (wie aber auch bei allen anderen) finde ich darauf keine befriedigende Antwort. Sie stimmen mir doch sicher zu, daß es Volksverdummung wäre, zu behaupten, die Staatseinnahmen würden sich durch wirtschaftliches Wachstum so astronomisch steigern lassen, daß dadurch eine komplette Rückzahlung möglich wäre.

Mfg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Krauß,
leider gibt es keine "befriedigende" Anwort auf Ihre Frage. Die Entwicklung unserer staatlichen Verschuldung macht allerdings deutlich, wo ihre Ursachen - jedenfalls zum übergroßen Teil - zu suchen sind: Bis 1982 - also bis zur Abwahl Helmut Schmidts als Bundeskanzler - hatte der Bund 150 Mrd. € Staatsschulden. Für diesen Betrag hatten die Regierungen von Adenauer bis Schmidt fast 40 Jahre gebraucht. Zwischen 1983 und 1990 verdoppelte sich dieser Betrag unter der Regierung Kohl fast - in nur sieben Jahren.
Und danach stiegen die Bundesschulden auf rund 750 Mrd €, weil Kohl - und sein damaliges Kabinettsmitglied - den Aufbau der Infrastruktur in Ostdeutschland "auf Pump" finanzierte. Damals wäre eine Finanzierung über die Mehrwertsteuer richtig gewesen, denn es herrschte vereinigungsbedingt ein wirtschaftlicher Aufschwung und die überwiegende Mehrheit der Deutschen hätte dem zugestimmt. Leider fehlte - allen Parteien - damals der Mut dazu.

Der Abbau dieser Verschuldung ist auch der jetzigen Regierung nicht gelungen. Allerdings bereits eine erhebliche Verlangsamung des Anstiegs: Hatte Frau Merkel und Herr Kohl noch den Anstieg um mehr als 350 Mrd. € in acht Jahren zu verantworten, so stieg die Verschuldung in den sieben Jahren Regierungszeit Gerhard Schröders um "nur" noch 130 Mrd. €.

Einer der Gründe für die abnehmende Größe der Neuverschuldung ist natürlich die Agenda 2010, denn sie hat den Ausgabeanstieg im Bereich der Sozialkassen erheblich gebremst. Die SPD hat dabei Mut bewiesen - aber auch bitter dafür bezahlen müssen.

Die weitere Senkung der Neuverschuldung auf eine Nettokreditaufnahme "Null" setzt drei Dinge voraus: Die weitere Begrenzung der Ausgaben in den Sozialsystemen - z.B. in den Rentenkassen - , die Überprüfung und Veränderung der jährlichen Transferzahlungen für Ostdeutschland in Höhe von 80 Mrd. € und nicht zuletzt wirtschaftliches Wachstum.

Nur auf diesem sehr mühsamen Wege werden wir die Neuverschuldung beenden und an den Abbau der Verschuldung herangehen können.

Mit freundlichem Gruß, Ihr Sigmar Gabriel