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Sebastian Hartmann
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Frage von Jan G. •

Der Militäreinsatz in Afghanistan ist gescheitert. Auch der Einsatz in Mali hat erkennbar keinen Nutzen für die dortige Bevölkerung. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?

Sehr geehrter Herr Hartmann,
der Versuch "des Westens" einen demokratischen, zentralistischen Staat in Afghanistan zu errichten ist absehbar gescheitert, die Taliban konnten auch Dank der Unterstützung Pakistans nicht besiegt werden. Dass sie ohne erkennbaren Widerstand das gesamte Land erobern konnten zeigt das komplette Versagen der militärischen Intervention. In Mali kommen die deutschen Soldaten (wie in A.) kaum auf ihren Kasernen heraus, eine friedliche Entwicklung ist nicht absehbar, islamistische Kräfte gewinnen in der Region an Boden. Was heißt dies für die Aufrüstung der Bundeswehr als Interventionsarmee? Was kann und soll sie Ihres Erachtens leisten?

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Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Nicht alles am Afghanistan-Einsatz der westlichen Verbündeten war schlecht oder vergeblich. Die afghanische Zivilgesellschaft ist heute eine andere, als noch vor 20 Jahren. Sie ist zum Teil gebildeter, kritischer, selbstständiger. Aber, Sie haben Recht: Die Hoffnung auf ein demokratisches Afghanistan ist zunächst gescheitert.

Die SPD-Bundestagsfraktion schlägt die Einsetzung einer sogenannten Enquete-Kommission ein, eine überfraktionelle Arbeitsgruppe. Wir müssen den Afghanistan-Einsatz insgesamt bewerten. Wenn nach 20 Jahren nach Abzug der westlichen Soldatinnen und Soldaten die Taliban in kürzester Zeit die Macht übernehmen, müssen Fehleinschätzungen erfolgt sein. Auch den laufenden Einsatz in Mali sollten wir analysieren.

Das ändert aber nichts an meiner Überzeugung, dass die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag im internationalen Sicherheitsgefüge leisten kann und muss. Ich sehe die Bundeswehr nicht als Interventionsarmee, sondern als Stabilitätsarmee.

Die Bundeswehr ist derzeit in zehn Staaten auf drei Kontinenten mit rund 2500 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Zwei Beispiele:

Der sogenannte „Islamische Staat“ ist eine menschenverachtende Terrormiliz. Ihr Vorstoß im Irak und Syrien im Jahr 2014 hatte die gesamte Region destabilisiert. Damit ist der IS eine Bedrohung für die Menschen im Nahen Osten und für die internationale Sicherheit insgesamt. Die Bundeswehr ist seit 2015 in der Region im Einsatz, um ein Wiedererstarken des „IS“ zu verhindern. Mit Erfolg: Auch durch den Beitrag der Bundeswehr konnte der „IS“ zurückgedrängt werden.

Im Mittelmeer überwachen Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten die Einhaltung des von den Vereinten Nationen gegen Libyen verhängten Waffenembargos. Nach dem Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi kämpfen unterschiedliche Milizen um Einfluss. Das gefährdet nicht nur die Stabilität in dem Land selbst, sondern auch in der Region. Eine Region, die im Übrigen direkt am Mittelmeer und damit an der Europäischen Union angrenzt.

Wo internationaler Frieden gefährdet ist, dürfen wir nicht zusehen. Wo kein Frieden herrscht, sollten wir unseren Beitrag leisten, um Konfliktparteien zusammenzuführen, vor allem durch ziviles Engagement. Das ist Kernaufgabe der Vereinten Nationen – und eine Kernaufgabe der Staatengemeinschaft.

Deutschland darf sich seiner internationalen Verantwortung nicht entziehen. Wir müssen uns im Ernstfall auf unsere Verbündeten verlassen, und sie müssen sich unserer Unterstützung sicher sein. Das heißt nicht, dass jeder Einsatz sinnvoll ist. Aber Einsätze können sinnvoll sein, wenn sie einen Beitrag zu Frieden und Stabilität leisten. Nicht als Intervention, sondern im Sinne von Frieden und Menschenrechten. Das ist in jedem Einzelfall eine schwere und verantwortungsvolle Abwägungsfrage.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Hartmann

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