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Sebastian Brehm
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Frage von Gisela L. •

Frage an Sebastian Brehm von Gisela L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Brehm,

mich würde Ihre Meinung interessieren, warum Campact die Gemeinnützigkeit verlieren soll, bzw. eventuell schon verloren hat.

In einer Demokratie muss es doch möglich sein, dass die Bürger ein Mitspracherecht genießen. Dafür wird z.B. eine Plattform benötigt.

Ihrer Antwort sehe ich mit Interesse entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

G. L.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Lienhardt,

ich bedanke mich für Ihre Nachricht vom 26. Januar 2020, in der Sie sich mit dem Thema Campact und Gemeinnützigkeit sowie den damit verbundenen Fragen befassen. Gerne möchte ich die Gelegenheit nutzen Ihnen zu antworten und entschuldige mich zunächst für die Verspätung.

Zu dem von Ihnen angesprochenen Thema:

Das Finanzamt Berlin hatte im Jahr 2019 der Organisation Campact die Gemeinnützigkeit abgesprochen. Campact habe Kampagnen zu Themen durchgeführt, die nach Ansicht des Finanzamtes keinem gemeinnützigen Zweck der Abgabenordnung zugeordnet werden könnten. Im Steuerbescheid für 2016 führt die Behörde aus, dass es sich auch nicht um politische Bildung handele: "Im Vordergrund stand nicht die Information über politische Prozesse, sondern vielmehr die Einflussnahme auf diese."

Gemeinnützige Körperschaften dürfen sich schon heute (in einem begrenzten Umfang) politisch betätigen. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung sieht dies vor, wenn nach den Verhältnissen im Einzelfall die gemeinnützige Tätigkeit zwangsläufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist und die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des gemeinnützigen Zwecks weit in den Hintergrund treten. Bei einer rein politischen Tätigkeit ist eine Zulassung als politische Organisation möglich, verbunden mit erhöhten Transparenzanforderungen.

Das bedeutet: Die Grenzen der allgemeinpolitischen Betätigung einer steuerbegünstigten Körperschaft sind noch gewahrt, wenn die Beschäftigung mit politischen Vorgängen im Rahmen dessen liegt, was das Eintreten für die satzungsmäßigen Ziele und deren Verwirklichung erfordert. Soweit eine Körperschaft danach politische Zwecke gemeinnützig verfolgen kann, muss sie sich zudem "parteipolitisch neutral" verhalten. Dies hat der BFH in ständiger Rechtsprechung bestätigt. Die Gemeinnützigkeit ist hingegen zu versagen, wenn ein politischer Zweck als alleiniger oder überwiegender Zweck in der Satzung einer Körperschaft festgelegt ist oder die Körperschaft tatsächlich ausschließlich oder überwiegend einen politischen Zweck verfolgt.

Im Zuge des Jahressteuergesetzes 2020 haben wir uns noch einmal mit dieser Thematik befasst.

Wir sehen keine Notwendigkeit einer Gesetzesänderung. In unseren parlamentarischen Verhandlungen wurde deutlich, dass das politische Engagement gemeinnütziger Organisationen schon nach bestehendem Recht keine Gefahr für die Gemeinnützigkeit ist. Auch ohne eine Ergänzung der Abgabenordnung sei die Rechtslage zum politischen Engagement gemeinnütziger Organisationen rechtlich klar und eindeutig.

Daher besteht aus fachlicher Sicht kein Bedarf für eine gesetzliche Änderung. Auch das Urteil des BFH zu „BUND“ vom August 2017 bestätigt die bisherige Verwaltungspraxis, die es steuerbegünstigten Körperschaften erlaubt, sich bezogen auf den von Ihnen geförderten Satzungszweck politisch zu äußern, solange dies parteipolitisch neutral ist. Eben diesen Fakt hat nach Ansicht des zuständigen Finanzamtes Campact wohl nicht erfüllt. Sie sind eine Organisation, die vorrangig parteipolitisch und nicht neutral agiert.

Möchten sich gemeinnützige Vereine außerhalb ihres Satzungszwecks engagieren, müssen sie zur Aufrechterhaltung der Gemeinnützigkeit diese weiteren Zwecke in ihre Satzung aufnehmen. Das ist unproblematisch möglich. Die dem gemeinnützigen Verein bisher zugeflossenen Mittel können auch zur Verwirklichung des neuen Zwecks eingesetzt werden. Auch müssen die bisherigen und die neu aufgenommenen Zwecke nicht gleichmäßig stark verwirklicht werden. Das steht jedem Verein frei.

Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen beantworten und stehe für weitere Rückfragen gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße

Sebastian Brehm, MdB

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