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Sahra Wagenknecht
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Frage von Tim J. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Tim J. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Wagenknecht!

Unsere Tochter (9 Jahre) meinte neulich, sie fände es ungerecht, dass manche Leute so viel und manche Leute so wenig oder sogar gar kein Geld hätten. Viel besser wäre es doch, wenn man das Geld abschaffen würde, schlug sie vor. Man könne es dann ja so machen, dass jeder im Supermarkt pro Person vielleicht 15 Sachen nehmen dürfte und wenn es große Sachen wären, dann nur fünf. Außerdem (und ich vermute, dass dies ein relativ wichtiger Aspekt für sie war) könnte sie dann auch ein Pferd haben - würde ja nix kosten ;-)

Ich habe dann versucht, ihr zu erklären, dass Geld eine gute Sache ist und warum es eigentlich so ist, dass manche Leute reich und manche arm sind, aber leider kam ich sehr schnell ins Stottern und schließlich gab ich in Ermangelung guter Argumente auf.

Wären Sie vielleicht so freundlich und würden das für mich übernehmen?

Mit freundlichen Grüßen,
T. J.

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BSW

Sehr geehrter Herr Jansen,

Sie können Ihrer Tochter gerne sagen, dass ich es auch höchst unfair finde, dass sehr wenige Menschen sehr viel Geld haben, sogar so viel Geld, das wir uns das gar nicht richtig vorstellen können, und ein Großteil der Bevölkerung dagegen nur sehr, sehr wenig Geld. So wenig Geld, dass es kaum zum Leben reicht. Jeff Bezos, der Gründer von Amazon, konnte sein Vermögen während der Corona-Pandemie noch weiter ausbauen und verfügt nun über ein Reinvermögen von 200 Milliarden US-Dollar (200.000.000.000), das Woche um Woche noch mehr wird. Aber angenommen, es bliebe bei der aktuellen Größe seines Vermögens, dann könnte er die nächsten 55 Tausend Jahre täglich 10.000 US-Dollar ausgeben, bis alles verbraucht wäre. Das sind Dimensionen, die wir gar nicht begreifen können.

Aber daran, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht, ist nicht das Geld Schuld, sondern es liegt daran, dass es keine Gesetze gibt, die verhindern, dass es eine derart ungleiche Verteilung von Geld und Vermögen gibt. Es ist ja kein Naturgesetz, dass 0,1 Prozent der Weltbevölkerung über 80 Prozent des gesamten Finanzvermögens auf der Welt verfügen. Die Ungleichverteilung ist Resultat einer Politik, die zulässt, dass Menschen ausgebeutet werden und zu Minilöhnen arbeiten müssen und die Gewinne ihrer Arbeit den Reichen zugute kommen und über ein ungerechtes Steuer-und Finanzsystem vermehrt werden. Dabei könnte man schon alleine über eine Vermögenssteuer für Millionäre und Milliardäre sowie eine angemessene Erbschafts- und Schenkungsteuer diese Ungleichheit vermindern.

Wenn Sie und Ihre Tochter sich auch weiterhin für das Thema interessieren, dann lohnt sich für Sie eventuell auch ein Blick in mein Buch „Reichtum ohne Gier“. Dort beschäftige ich mich ausführlich mit dem Thema Geld.

Mit freundlichen Grüßen,
Sahra Wagenknecht

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