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Frage von Georg M. •

Frage an Sabine Leidig von Georg M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Leidig,

wie man anhand dieses Links sehen kann, kritisieren Sie den Einfluss der Autoindustrie auf die Politik:
http://www.tagesschau.de/inland/autolobby100.html

Die Zeitungen und anderen Medien in Baden-Württemberg reagierten zum Teil entsetzt auf Ihre nachvollziehbare Kritik. Es ist dann schnell von Arbeitsplätzen bzw. von Arbeitsplatzsicherheit die Rede.

Wie wollen Sie den Einfluss künftig verhindern? Kann Die Linke bezüglich der Parteienspenden nicht vor das Bundesverfassungsgericht ziehen?

Mit freundlichen Grüßen

Georg Mayer

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Mayer,

ja, die Autoindustrie spielt eine besondere Rolle in Deutschland und speziell noch mal in Baden-Württemberg. Das hat natürlich in gewissem Maße seine Berechtigung, weil tatsächlich viele Arbeitsplätze an dieser Branche hängen. Aber gerade deswegen darf der Einfluss auf die Politik kein einseitiger sein: Gewerkschaften, Betriebsräte, autokritische Verkehrsverbände und Umweltverbände müssen ebenso ihre Sicht und Perspektiven auf die Branche und den Autoverkehr vorbringen. Sonst werden Chancen für einen Umbau der Branche vertan, mit drastischen Konsequenzen für die Arbeitsplätze, wenn der Verkauf von großen Autos in einigen Jahren zurückgeht: Sei es, weil endlich auch im Verkehr eine ambitionierte Klimapolitik verfolgt wird, sei es, weil die Spritpreise weiter deutlich steigen, sei es, weil die Weltwirtschaft weiter kriselt. Von einem Weiter-so ungeachtet der Rahmenbedingungen Umwelt, Klima und Weltwirtschaft profitieren kurzfristig allein die Shareholder der Autoindustrie.

Wie lässt sich nun ein solcher Einfluss verhindern?

Mit Kleinen Anfragen an die Bundesregierung wie der zu „Beziehungen der Automobil-, Luftfahrt- und Bauindustrie“ können wir als erstes für mehr Transparenz sorgen. Mit der Antwort und weiteren Informationen können wir den Finger in die Wunde legen und fragen: Wie ist es einzuschätzen, wenn z.B. Daimler in den Jahren 2010-2013 550.000 € an die CDU spendet, Daimler-Chef Zetsche in dieser Zeit 15 Mal die Kanzlerin persönlich im Kanzleramt trifft, 61,5 Mio. € Fördergelder aus den verschiedenen Ministerien zu Daimler fließen und die Kanzlerin in Brüssel die Absenkung der CO2-Grenzwerte verhindert? (mehr dazu hier http://www.sabine-leidig.de/index.php/veroeffentlichungen/aktuelle-erklaerungen/128-ka-autoindustrie )

Wenn die Öffentlichkeit weiter wachgerüttelt wird – dabei leisten auch LobbyControl ( http://www.lobbycontrol.de ) und Transparency International (TI, http://www.transparency.de/ ) einen wichtigen Beitrag – werden die Forderungen der LINKEN auch von den anderen Parteien ernst genommen und Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht.

Vieles ist eben heute legal, daher ist ein Gang vor Gericht meistens nicht möglich. Aber deshalb ist diese Praxis noch lange nicht legitim.

DIE LINKE fordert größtmögliche Transparenz, damit sich alle ein Bild davon machen können, welche Politikerinnen und Politiker von wem wie anhängig ist und wer mit welchen Interessen Einfluss auf die Politik zu nehmen versucht. Daher fordern wir ein Lobbyregister beim Deutschen Bundestag und den Ministerien (siehe dazu den Antrag, Drs. 17/2096 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/020/1702096.pdf ) sowie die Offenlegung aller Nebentätigkeiten von Abgeordneten.

Es muss jedoch noch viel mehr passieren: Die Vorgaben der UN-Konvention gegen Korruption müssen endlich in deutsches Recht umgesetzt werden – hier sträubt sich die Bundesregierung bisher und unseren Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Abgeordnetenbestechung (Drs. 17/1412 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/014/1701412.pdf ) wurde abgelehnt. Neben Deutschland gibt es nur noch weniger Länder, die die UN-Konvention gegen Korruption nicht ratifiziert haben, z.B. Nordkorea, Syrien und Sudan.

Wir fordern zudem eine Karenzzeiten für ausscheidende Politiker: Ein Wechsel aus dem Kanzleramt direkt zu Daimler, wie es Staatsminister von Klaeden angekündigt hat, darf es nicht geben! Welche Kontakte und internen Informationen nimmt er mit und nutzt diese dann einseitig für die Interessen eines Konzerns? Welche Interessen hat er bereits im Kanzleramt vertreten, um diesen Job anzubahnen? (siehe dazu meine Presseerklärung vom 27.6.2013 "Lobbyismus regiert im Kanzleramt http://www.nachhaltig-links.de/index.php/strasse-individualverkehr/autoindustrie/1372-eu-co2-grenzwert ").

Außerdem müssen so genannten „Leihbeamte“ in Ministerien verboten werden und die Formulierung von Gesetzen durch externe Anwaltskanzleien entspricht auch nicht den Prinzipien der Demokratie.

Unternehmensspenden an Parteien müssen verboten werden! Außerdem sollten Großspenden schneller und umfangreicher veröffentlich werden: Bisher müssen nur die Spenden über 50.000€ sofort angezeigt werden, alles darunter und ab 10.000€ erst in den Rechenschaftsberichten der Parteien, die dann erst nach einem Jahr erscheinen. Verboten werden muss aber auch das Sponsoring von Veranstaltungen von Parteien und Ministerien. Dies hat sich mittlerweile zu einer versteckten Form der Parteienfinanzierung entwickelt: Wenn ein Unternehmen für einen Infostand beim Parteitag der CDU 20.000€ zahlt, ist das keine Seltenheit und veröffentlich werden muss dieser Geldfluss nicht.

DIE LINKE ist die einzige der im Bundestag vertretenen Parteien, die keine Spenden von Konzernen, Banken, Versicherungen und Lobbyisten erhält und auch keine Sponsoren bei Parteiveranstaltungen zulässt. Unsere wichtigste Einnahmequelle sind unsere Mitgliedsbeiträge. Das macht uns unabhängig vom Einfluss Dritter. Wir sind nicht käuflich!

Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier:
- Stichwort „Lobbyismus“ der Linksfraktion http://www.linksfraktion.de/themen/lobbyismus/ ,

- Schatzmeister der Partei Raju Sharma zum Parteiensponsoring http://www.linksfraktion.de/nachrichten/parteien-sponsoring-muss-parteiengesetz-klar-geregelt-werden/ ,

- Artikel der ZEIT "Gift für das Klima. http://www.zeit.de/2013/37/autoindustrie-bundesregierung-lobbyismus Wie die deutsche Autoindustrie die Bundesregierung zu ihrem wichtigsten Verbündeten gemacht hat. Ein Kunststück des Lobbyismus."

- Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe: "Einfluss der Autolobby auf die Bundesregierung: Rösler verweigert Akteneinsicht vor der Bundestagswahl http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews%5btt_news%5d=3175 ".

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet habe. Für Rückfragen und Anregungen stehe ich Ihnen natürlich zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Leidig