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Sabine Böddinghaus
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Frage von Barbara U. •

Frage an Sabine Böddinghaus von Barbara U. bezüglich Recht

„Ähnlich dem in Hamburg schon sehr verbreiteten und erfolgreich praktizierten Streitschlichter-Programm kann die direkte Konfrontation mit Gleichaltrigen wirkungsvoller für den jungen Täter sein, als für sie eher abstrakte Gewissensapelle von Jugendrichtern.“

Gibt es über dieses Projekt eigentlich irgendwelche Unterlagen und Ergebnisse?

„Erfahrungen aus Bayern zeigen auch, dass die jugendlichen "Richter" gnadenloser "urteilen", als ihre erwachsenen "Kollegenprofis", was eine höhere Abschreckungsquote zur Folge hat!“

Soll es um Einsicht oder um Härte gehen? Glauben Sie ernsthaft, daß eine Wertevermittlung durch Abschreckung erfolgen kann?

„Dennoch können Schülerinnen und Schüler keine Urteile verhängen- das können aus gutem Grunde nach unserer Rechtsordnung nur die ordentlichen Gerichte. Jugendliche "Richter" können vielmehr erzieherische Maßnahmen oder eine Form einer Wiedergutmachung vorschlagen. Kommt der Beschuldigte dieser Empfehlung nach, wird dies von der Staatsanwaltschaft im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu seinen Gunsten berücksichtigt. So kann der Staatsanwalt das Verfahren nach §45 Absatz 2 Jugendgerichtsgesetz schließlich einstellen, wenn eine erzieherische Maßnahme durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält.“ Das ist auch beim TOA, bei der JGH möglich. Ich kenne die Arbeit der JGH aus verschiedenen bezirken und finde die gut, besonders den TOA.

„Darüberhinaus ist ein solcher Prozess nur möglich, wenn der Betreffende, der sich etwas zu Schulden hat kommen lassen, und seine Eltern damit einverstanden sind.“

Das bedeutet, daß Jugendliche, die den Rückhalt durch die Eltern nicht haben und sich hinter der Maske von Trotz verstecken, auf der Strecke bleiben???

„Desweiteren muss ein solches Projekt professionell begleitet und wissenschaftlich evaluiert werden, um nicht den Verdacht einer reinen Showveranstaltung mit Kürzungsabichten durch die Hintertür aufkommen zu lassen!“

Wenn es professionell begleitet und ausgewählte Schüler geschult werden sollen, zeitgleich aber gejammert wird, daß die Kassen leer seien, welchen Sinn macht es, einzelnen Schülern eine Sonderposition zu geben, einen Staatsanwalt ins Spiel zu bringen, dem Beschuldigten einen Verteidiger vorzuenthalten, statt das Ganze bei der JGH zu belassen? Weil die Auserwählten sich als HÄRTERE präsentieren und Erwachsene aus der Pflicht sind?

„Ich bin mir aber sicher, wenn solche Projekte kontinuierlicher Bestandteil einer konsequenten Präventionspoiltik an den Schulen und in Jugendeinrichtingen würden, hätten wir einen großen Schritt zur Verhinderung so vieler jungendlicher krimineller Karrieren getan. Allerdings muss auch hier in qualifizierte Fachkräfte investiert und die unterschiedlichen Programme wirkungsvoller gebündelt werden.“

Ich glaube nicht daran; denn jugendliches Fehlverhalten ist vorrangig ein Notsignal nach Beachtung.
Die Prägung eines Menschen findet im frühen Kindesalter statt, denn durch individuelle Lebenserfahrungen entwickelt jedes Kind eigene Lebensstrategien oder „Überlebensstrategien“. Wenn Sie möchten, daß sich Jugendkriminalität reduziert, müssen Sie dafür sorgen, daß nicht Hilfseinrichtungen, wie z.B. Mütterberatungsstellen oder Erziehungsberatungsstellen geschlossen werden, sondern dafür ssorgen, dß Eltern, Pädagogen und andere Erwachsene sich nicht ihrer verantwortung entziehen und weggucken und Hilfen zur Erziehung geben, statt Jugendliche für Mängel der Erziehung durch auszugrenzen und zu stigmatisieren.

Warum geben Sie es nicht einem Jugendlichen, der sein Fehlverhalten eingesehen und in Ordnung gebracht hat, die Chance, daß nach einer angemessenen Zeit des Wohlverhaltens, der Eintrag aus dem Erziehungsregister gelöscht wird. Ich weiß selber, daß die Gesetzeslage es im Moment nicht zuläßt.
Ich glaube, daß der Ansporn deutlich höher liegt, strafrei zu bleiben, wenn ein Richter bei der ersten Straftat dem Jugendlichen verdeutlicht, was ein Eintrag im Erziehungsregister beinhaltet.
Wenn er dann seine Akte in den Reißwolf stecken und „seine Datei“ löschen kann, ist dies ein deutlich größeres emotionales Ereignis und belohnt geleistetes Wohlverhalten, statt ihn mit seiner Schwäche an den Pranger zu stellen.

Vielleicht sollten Politiker mal nachdenken, ob Sie gern von einem Gremium aus der Bevölkerung verurteilt werden wollen oder doch lieber unsere Gerichtsbarkeit vorziehen. Die Bevölkerung würde sicher auch mit mehr Härte auf Fehlverhalten & Machenschaften einzelner Politiker abstrafen.
Wollen Sie nicht mal zeitgleich diesen Versuch starten? ;-)

ps. Ich bin Pädagogin.

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